Leonie Lehrmann, Walter Krug
a) Keine gesamthänderische Forderungsinhaberschaft
Rz. 73
Der Anspruch aus § 2287 BGB gehört nicht zum Nachlass, sondern steht dem Erben persönlich zu. Demnach kann auch nicht einer von mehreren Vertragserben in Prozessstandschaft für die anderen nach § 2039 BGB den Anspruch geltend machen. Vielmehr steht der Anspruch jedem Erben anteilig entsprechend seiner testamentarischen bzw. erbvertraglichen Erbquote zu. Der Anspruch ist deshalb nicht im Nachlass, weil er dem Erblasser zu dessen Lebzeiten gar nicht zugestanden hat; er entsteht erst nach dem Erbfall in der Person des Vertragserben bzw. des in einem gemeinschaftlichen wechselbezüglichen Testament bindend eingesetzten Schlusserben. Mangels Zugehörigkeit zum Nachlass unterliegt der Anspruch auch nicht der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers.
b) Teilbare oder unteilbare Leistung
aa) Teilbare Leistung
Rz. 74
Für die Rechtsfolgen kommt es darauf an, ob das herauszugebende Geschenk eine teilbare oder eine unteilbare Leistung wäre. Welche Rechtsfolgen ergeben sich für den einzelnen Miterben daraus, dass der Bereicherungsanspruch nicht zum Nachlass gehört? Die Bejahung eines Anspruchs nach § 2287 BGB für einen von mehreren Miterben kann nicht zur Verurteilung zur Herausgabe des ganzen Grundstücks an einen einzelnen Miterben führen. Andererseits sagt das Gesetz nichts dazu aus, wenn mehrere Vertrags- oder Schlusserben Anspruchsinhaber sind. In § 2287 BGB heißt es lediglich, "der Vertragserbe" könne Herausgabe verlangen. Deshalb sind die allgemeinen Vorschriften über eine Gläubigermehrheit anzuwenden. Eine Gläubigergemeinschaft kommt – mangels Sonderregelung – allenfalls in der Form der Bruchteilsgemeinschaft in Betracht. Soweit die Herausgabeforderung auf einen teilbaren Gegenstand geht, bspw. bei Geld oder gleichen Wertpapieren, kann der auf den einzelnen Miterben entfallende Teil von diesem verlangt werden. Soweit der herauszugebende Gegenstand nicht in gleiche Teile teilbar ist, geht dies nur über die Begründung einer Bruchteilsgemeinschaft; dies kommt insbesondere bei Grundstücken in Betracht.
Rz. 75
Der BGH löst die Frage in der Tat über die Bruchteilsgemeinschaft.
Dazu führt er aus:
Zitat
"In der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht seit RGZ 77, 5 (vgl. auch BGHZ 78, 1 = NJW 1980, 2461... BGHZ 88, 269 ...) fest, dass der Anspruch aus § 2287 BGB nicht zum Nachlass gehört. An dieser Rechtsprechung, der im Schrifttum weitgehend zugestimmt wird, ist festzuhalten ... Der Anspruch aus § 2287 BGB dient nur dazu, Beeinträchtigungen des Vertragserben auszugleichen und also – ähnlich wie der Anspruch gem. § 2329 BGB – im Grundsatz nicht so weit gehen kann, dass dieser mehr erhält, als er ohne die Schenkung erhielte ... Nach dieser Rechtsprechung steht der Anspruch aus § 2287 BGB, wenn mehrere Vertragserben vorhanden sind, nicht den Erben gemeinschaftlich zu, sondern jedem Vertragserben persönlich, und zwar zu einem seiner Erbquote entsprechenden Bruchteil; bei einem Grundstück geht er auf Übereignung eines entsprechenden Miteigentumsanteils an jeden beteiligten Vertragserben (BGH NJW 1961, 120 = FamRZ 1961, 76 ...)."
Wie der Erbe dann seinen Miteigentumsanteil verwertet, ist eine andere Frage. Ihm steht aber die Möglichkeit der Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG offen.
bb) Unteilbare Leistung
Rz. 76
Ist die Leistung unteilbar, bspw. ein herauszugebender Kunstgegenstand oder ein Unternehmen, so sind die mehreren Vertrags- bzw. Schlusserben Mitgläubiger i.S.v. § 432 BGB. In einem solchen Fall ist Übereignung an alle Herausgabeberechtigten zu verlangen. In der Praxis bedeutet dies Übereignung an alle und Hinterlegung oder Besitzeinräumung an einen gerichtlich bestellten Verwahrer.
c) Insolvenzanfechtungsrecht der Nachlassgläubiger
Rz. 77
Nachlassgläubigern steht u.U. ein Anfechtungsrecht bezüglich der vom Erblasser vorgenommenen Schenkung nach §§ 3 ff. AnfG bzw. §§ 129 ff. InsO zu, sofern die Fristen noch nicht verstrichen sind. Der Schutzzweck des § 2287 BGB kommt aber nur dem Vertragserben zu, nicht auch den Nachlassgläubigern.
d) Vor- und Nacherben als Vertragserben
Rz. 78
Sind sowohl Vorerbe als auch Nacherbe vertraglich eingesetzt, so steht jedem von ihnen der Anspruch aus § 2287 BGB zu, dem Nacherben allerdings erst ab dem Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls. Der Anspruch gehört zwar nicht zum Nachlass, geschützt ist jedoch der Erbe, gleichgültig, ob er Vorerbe oder Nacherbe ist. Ist nur der Vorerbe vertraglich eingesetzt, nicht aber der Nacherbe, so steht der Anspruch nur dem Vorerben zu; umgekehrt: Ist nur der Nacherbe vertraglich eingesetzt, nicht aber der Vorerbe, so hat nur der Nacherbe den Herausgabeanspruch, nicht aber der Vorerbe.
e) Testamentsvollstreckung
Rz. 79
Da der Anspruch nicht zum Nachlass gehört, kann ihn der Testamentsvollstrecker nicht geltend machen, auch nicht im Wege einer Einrede.