Leonie Lehrmann, Walter Krug
Rz. 82
§ 2287 BGB gibt dem Bedachten einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Beschenkten. Dass das Einverständnis des Bedachten mit einer ihn beeinträchtigenden lebzeitigen Verfügung im Grundsatz geeignet ist, diesen Anspruch auszuschließen, ist unstreitig. Nach der Rechtsprechung des BGH sind die zu § 2289 BGB entwickelten Grundsätze auch im Rahmen des § 2287 BGB anzuwenden. Der Vertragserbe müsse zwar auf den Schutz dieser Vorschrift verzichten können.
Aber die Nähe eines solchen Verzichts zum Zuwendungsverzicht gebiete die Form des § 2348 BGB. Nur im Einzelfall könne ein formloser Verzicht den Arglisteinwand begründen.
BGHZ 108, 252:
Zitat
"Die formlose Einwilligung des vertragsmäßig bedachten Vertragspartners eines Erbvertrages in eine seine Rechte beeinträchtigende Verfügung von Todes wegen ist nicht geeignet, eine solche wirksam werden zu lassen (Abweichung von RGZ 134, 325, 327). Eine derartige Einwilligung nimmt ihm auch nicht den Schutz des § 2287 BGB. Sie kann aber ausnahmsweise den Arglisteinwand begründen..."
[S. 254] Soweit darüber hinaus die Auffassung vertreten wird, auch die formlose Einwilligung des vertragsmäßig bedachten Vertragspartners in eine seine Rechte beeinträchtigende Verfügung von Todes wegen sei geeignet, den Erblasser von seiner Bindung zu befreien und weitere Verfügungen von Todes wegen – im Rahmen der Einwilligung – trotz § 2289 Abs. 1 BGB wirksam werden zu lassen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Frage ist umstritten. Während das Reichsgericht (RGZ 134, 325, 327; DJ 1938, 1368, 1369) und im Ergebnis im entschiedenen Falle auch der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes – dieser unter Zuhilfenahme des Arglisteinwandes – (Urt. v. 28.4.1958 – III ZR 98/56 – LM BGB § 2271 Nr. 7) eine formlose Zustimmung haben ausreichen lassen, hat der erkennende Senat die Frage im Anschluß an die Rechtsprechung des früheren IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 7.12.1977 – IV ZR 20/76 LM BGB § 1829 Nr. 5) ausdrücklich offengelassen (BGHZ 83, 44, 49). Er entscheidet die Frage nunmehr dahin, daß die formlose Zustimmung insoweit nicht ausreicht.“
Diese Entscheidung hat in der Literatur Zustimmung, aber auch Ablehnung erfahren. Nach der Gegenansicht ist es nicht zu rechtfertigen, den Verzicht auf einen Bereicherungsanspruch, resultierend aus einer konkreten lebzeitigen Verfügung, einem Erb- oder Zuwendungsverzicht gleichzustellen; vielmehr genüge eine formlos erteilte Zustimmung.
Rz. 83
Für die Gestaltungspraxis ist die Formfrage mit Blick auf die Rechtsprechung des BGH dahingehend entschieden, dass eine formlose Zustimmung zur Vermeidung eines Anspruchs aus §§ 2287, 2288 BGB nicht ausreicht. Vielmehr wird man davon auszugehen haben, dass die Form des § 2348 BGB einzuhalten ist.
Rz. 84
Vertretung des Verzichtenden: Im Gegensatz zum Erblasser (§ 2347 Abs. 2 S. 1 BGB) kann sich der Verzichtende beim Erbverzichtsvertrag ebenso vertreten lassen wie sonst bei Rechtsgeschäften unter Lebenden. Es ist also nicht erforderlich, dass der Verzichtende den Vertrag persönlich schließt. Folglich kann auch der Schlusserbe, der einer ihn beeinträchtigenden Verfügung zustimmt, hierbei vertreten werden.
Rz. 85
Form der Genehmigung: Der Vertreter kann für den Verzichtenden aufgrund einer Vollmacht (§ 164 BGB) oder als Vertreter ohne Vertretungsmacht (§ 177 BGB) handeln. Weder für die Vollmacht (§ 167 Abs. 2 BGB) noch für die Genehmigung (§ 182 Abs. 2 BGB) seitens des Verzichtenden ist eine besondere Form erforderlich.
Rz. 86
Zustimmung eines Ersatzberufenen?
Haben die ausscheidenden Schlusserben der Übertragung eines Nachlassgegenstandes auf einen von ihnen wirksam "zugestimmt", so können sie aus dieser Übertragung keine Ansprüche aus § 2287 BGB herleiten.
Fraglich ist allerdings, ob diese "Zustimmung" auch gegenüber etwaigen Ersatzberufenen wirkt. Diese Frage ist in der Rechtsprechung noch nicht geklärt. Da § 2352 S. 3 BGB nicht auf § 2349 BGB verweist, wird in der Literatur teilweise angenommen, dass auch die Zustimmung zu einer erbvertrags- bzw. testamentswidrigen lebzeitigen Verfügung des gebundenen Erblassers nicht zu Lasten der ersatzberufenen Abkömmlinge der Zustimmenden wirke. Nach dieser Ansicht ist mit anderen Worten eine eigene "Zustimmung" auch sämtlicher Ersatzberufener erforderlich, um diesen Anspruch bei Eintritt des Ersatzerbfalles auszuschließen. Andere Stimmen in der Literatur stellen einen Systemvergleich zur Vor- und Nacherbschaft an. Dort ist anerkannt, dass zu Verfügungen des Vorerben nur die Zustimmung des Nacherben, nicht aber des Ersatznacherben erforderlich ist. Hieraus wird die Schlussfolgerung gezogen, dass erst recht die Zustimmung des in erster Linie eingesetzten (Schluss-)Erben genüge, um auch gegenüber dem Ersatzerben einen Anspruch aus § 2287 BGB auszuschließen.
Rz. 87
Soweit also die Abkömmlinge der zu Schlusserben eingesetzten Kinder bindend zu Ersatzerben eingesetzt sind, kann sich bei Wegfall eines Kindes und Eintrit...