Leonie Lehrmann, Walter Krug
Rz. 118
Bei einem Anspruch auf Grundstücksherausgabe wird der zur Erlangung der Eigentumsübertragungserklärung (Auflassung, § 925 BGB) und Grundbucheintragungsbewilligung (§ 19 GBO) zu führende Prozess im Regelfall bei umfangreicher Beweisaufnahme eine nicht unerhebliche Zeitdauer in Anspruch nehmen, insbesondere vor dem Hintergrund häufig hoher Streitwerte bei Grundstücken, bei denen das Durchlaufen einer zweiten Instanz hochwahrscheinlich ist.
Bei Ansprüchen auf Grundstücksübertragung (vom Gesetz "Herausgabe" genannt) kommen je nach Verfahrensstadium folgende Möglichkeiten des vorläufigen Rechtsschutzes in Betracht:
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Sobald die anspruchsbegründenden Tatsachen glaubhaft gemacht werden können, einstweilige Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung nach §§ 883, 885 BGB. |
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U.U. könnte in besonderen Fällen auch eine einstweilige Verfügung auf Eintragung eines Veräußerungsverbots in Betracht kommen (§ 938 Abs. 2 ZPO). |
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Nach Erlass des erstinstanzlichen vorläufig vollstreckbaren Urteils auf Eigentumsübertragung die Eintragung einer Vormerkung nach § 895 ZPO. Zu beachten ist aber die nach §§ 709, 711 ZPO zu leistende Sicherheit, die im Einzelfall sehr hoch sein kann. |
a) Vormerkung vor Eintritt des Erbfalls
Rz. 119
Umstritten ist die Frage, ob der künftige Anspruch des Vertragserben auf Rückübertragung eines Grundstücks schon vor dem Erbfall – und damit schon ab dem Zeitpunkt des Vollzugs der Schenkung – durch Vormerkung gesichert werden kann. Obwohl das Gesetz ausdrücklich die Vormerkbarkeit künftiger Ansprüche in § 883 Abs. 1 BGB vorsieht, wird dies überwiegend verneint, weil der Herausgabeanspruch erst mit dem Erbfall entstehe.
b) Vormerkung nach Eintritt des Erbfalls
Rz. 120
Die Vormerkung soll einen Anspruch auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück sichern, § 883 Abs. 1 S. 1 BGB. Ist auf der Grundlage des Herausgabeanspruchs nach § 2287 BGB ein Grundstück zu übertragen, so ist dieser Eigentumsübertragungsanspruch mit einer Vormerkung im Grundbuch sicherbar. Die Vormerkung schützt nach § 883 Abs. 2 S. 1 BGB vor rechtsgeschäftlichen Verfügungen des Beschenkten, vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das herauszugebende Grundstück, § 883 Abs. 2 BGB und vor Haftungsbeschränkungsmaßnahmen des Erben des Beschenkten, § 884 BGB. Außerdem ist sie insolvenzfest, §§ 106, 254 Abs. 2 S. 1 InsO. In der Zwangsversteigerung ist der Vormerkungsberechtigte Beteiligter, § 9 Nr. 1 ZVG.
Rz. 121
Das Gesetz vermutet die Dringlichkeit und verzichtet deshalb in § 885 BGB auf deren Glaubhaftmachung. Deshalb sollte der Rechtsberater grundsätzlich die Dringlichkeit nicht verneinen. Dies vor allem auch, weil selbst im Falle einer Klage gegen den Beschenkten auf Herausgabe des Grundstücks kein Anwendungsfall der §§ 265, 325 ZPO gegeben ist. Somit kann der in Anspruch genommene Beschenkte noch während eines laufenden Verfahrens eine Veräußerung des Grundstücks bewirken, sofern der Herausgabeanspruch nicht gesichert wurde.
c) Kosten
Rz. 122
Bei der Eintragung einer Vormerkung fallen folgende Gebühren an: §§ 45, 51 Abs. 1 S. 2 und KV 14150 GNotKG 0,5 Gebühr bei hälftigem Verkehrswert als Gegenstandswert.
Bei der Löschung einer Vormerkung fällt gem. KV 14152 GNotKG eine Gebühr von 25 EUR an.
d) Einstweilige Verfügung zur Eintragung einer Vormerkung auf Eigentumsübertragung
Rz. 123
Bewilligt der im Grundbuch eingetragene Beschenkte die Eintragung einer Vormerkung nicht, so hat der Erbe die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung nach §§ 935 ff. ZPO zur Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch zu erwirken. Zur fingierten Bewilligung einer Vormerkung nach § 895 ZPO vgl. obige Ausführungen zum vorläufig vollstreckbaren Urteil.
aa) Glaubhaftmachung der Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 124
Um eine einstweilige Verfügung nach § 935 ZPO vor Eintritt der Fiktion des § 895 ZPO zu erlangen, braucht der herausgabeberechtigte Erbe lediglich seinen materiellrechtlichen Übertragungsanspruch glaubhaft zu machen, §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO. Nicht aber glaubhaft zu machen braucht er die Gefährdung seines Übertragungsanspruchs, also den Verfügungsgrund, weil sich die Dringlichkeit bereits aus der Möglichkeit eines Rechtsverlusts durch Eigentumsübertragung an einen anderen Erwerber ergibt, §§ 883, 885 Abs. 1 S. 2 BGB. Es geht aber nicht um etwaigen gutgläubigen Erwerb, denn der Beschenkte ist rechtmäßiger Eigentümer, er ist lediglich schuldrechtlich zur Eigentumsübertragung und Herausgabe an den Erben verpflichtet.
bb) Inhalt der Glaubhaftmachung
Rz. 125
Mit welchen Beweismitteln die Glaubhaftmachung erfolgen kann, regelt § 294 ZPO. Zunächst unterscheidet sich die Glaubhaftmachung von der vollen Beweisführung nach § 286 ZPO dadurch, dass beim Richter keine volle Überzeugung bezüglich der anspruchsbegründenden Tatsachen herbeigeführt werden muss, es reicht vielmehr die überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten von mehreren in Betracht kommenden – streitigen – Sachverhalten. Unstreitiges braucht nicht glaubhaft gemacht zu werden, § 138 Abs. 3 ZPO. Zur Glaubhaftmachung dienen alle Beweismittel der ZPO – sofern sie präsent sind, § 294 Abs. 1 und 2 ZPO – und zusätzlich die eidesstattliche Versi...