Leonie Lehrmann, Walter Krug
aa) Grundsatz
Rz. 96
Ist der Beschenkte der überlebende Ehegatte (Stiefmutterfälle!) und hat in der nunmehr aufgelösten Ehe Zugewinngemeinschaft bestanden, so liegt ein Fall des § 1371 Abs. 2 BGB vor, wonach der überlebende Ehegatte den rechnerischen Zugewinnausgleich und den kleinen Pflichtteil verlangen kann, wenn er weder Erbe noch Vermächtnisnehmer wird. Ein solcher Fall liegt am häufigsten vor, wenn der Erblasser wegen eines Berliner Testaments zugunsten seiner erstehelichen Kinder gem. § 2271 Abs. 2 BGB gebunden war.
bb) Fehlende objektive Beeinträchtigung
Rz. 97
Eine objektive Beeinträchtigung des Vertragserben ist schon dann zu verneinen, wenn die Zuwendung die Höhe des Pflichtteils und/oder der Zugewinnausgleichsforderung des Beschenkten erreicht und damit diese Ansprüche ohnehin als abgegolten angesehen werden können. Übersteigt der Wert der Schenkung Pflichtteil und/oder Zugewinnausgleichsforderung des Beschenkten, so kann der Vertragserbe den Herausgabeanspruch nur auf das beschränken, was nach Erfüllung des Pflichtteils und/oder des Zugewinnausgleichs dem Beschenkten verbleibt. Aus diesem Grunde kann der Vertragserbe nach der BGH-Rechtsprechung eine Herausgabe des geschenkten Gegenstandes nur Zug um Zug gegen Zahlung des Pflichtteils und/oder des Zugewinnausgleichs verlangen; dies ist auch ohne Einrede zu berücksichtigen. Der Bereicherungsanspruch aus § 2287 BGB ist auf das beschränkt, was nach Begleichung des Pflichtteils des Beschenkten übrig bleibt. Da ein Anspruch aus § 2287 BGB nur soweit reicht, wie die berechtigte Erberwartung eines Vertragserben beeinträchtigt wird, gilt dies selbst dann, wenn der überlebende Ehegatte auf sein gesetzliches Erbrecht (einschließlich des Pflichtteils) verzichtet hatte. Vertragserbe und Schlusserbe müssen mit der Pflichtteilslast rechnen, auch wenn sie tatsächlich nicht entsteht.
Ist der Beschenkte der überlebende Ehegatte, so wird ihm in aller Regel der Zugewinnausgleichsanspruch und der sog. kleine Pflichtteil zustehen, § 1371 Abs. 2 BGB.
cc) Auskunftsansprüche des Beschenkten
Rz. 98
Stehen dem Beschenkten als überlebendem Ehegatten Pflichtteils- und/oder Zugewinnausgleichsansprüche zu, bspw. aus § 1371 Abs. 2 BGB, so hat er auch Auskunftsansprüche gem. § 2314 BGB – wegen des Pflichtteilsanspruchs – und/oder § 1379 BGB – wegen des Zugewinnausgleichsanspruchs. Solche Ansprüche könnten, wenn eine Herausgabeklage von Seiten des/der Vertrags- bzw. Schlusserben erhoben ist, im Wege der Widerklage geltend gemacht werden.