Rz. 1
Die Nachfolgeplanung einer freiberuflichen Praxis bzw. Kanzlei stellt den Berater vor nicht unerhebliche Aufgaben und fachliche Herausforderungen. Anders als bei "gewöhnlichen" Personen- und Kapitalgesellschaften sind bei freiberuflichen Praxen eine Vielzahl von berufsspezifischen Regelungen zu beachten. In den meisten Fällen wird die Fortführung bzw. die Übernahme der Praxis nur durch Berufsträger möglich sein. Darüber hinaus spielt das Zeitmoment eine entscheidende Rolle, wenn die Nachfolgeplanung gelingen soll. Sowohl die richtige Auswahl des Zeitpunkts als auch die richtige Auswahl der Personen stehen gleichwertig neben den eigentlichen juristisch zu treffenden Maßnahmen in der Nachfolgeplanung des Beraters. Anders als große Kapitalgesellschaften lebt die freiberufliche Praxis von Köpfen, welche im Dienstleistungsmarkt wahrgenommen werden. Ein Patient, welcher über 24 Jahre seinem Hausarzt das Vertrauen geschenkt hat, wird nicht ohne Weiteres diesen Vertrauensbonus auf seinen Nachfolger übertragen. In der Regel altern die Patienten und Mandanten mit ihrem Hausarzt und Anwalt. Ein 78 Jahre alter Patient beispielsweise wird große Probleme haben, sich einem frisch gekürten Facharzt für Allgemeinmedizin im Alter von 38 Jahren anzuvertrauen. Gleiches gilt für Steuerberater, Rechtsanwälte etc. Der Berater, der mit der Nachfolgeplanung einer freiberuflichen Praxis bzw. Kanzlei befasst ist, tut also gut daran, diesen Aspekt gleichrangig mit seiner eigenen juristischen Ausarbeitung die Nachfolgeplanung betreffend mit einzubeziehen.
Rz. 2
Wäre diese Aufgabe nicht bereits anspruchsvoll genug für den Berater einer Nachfolgeplanung, so tritt seit kurzem noch ein weiteres Problemfeld hinzu. Seit Einführung der Europäischen Erbrechtsverordnung, kurz EuErbVO, muss im Rahmen der Nachfolgeplanung nämlich zusätzlich noch genau darauf geachtet werden, ob der Übergeber einer freiberuflichen Praxis nicht einen Wegzug ins Ausland plant. Dies kann möglicherweise Auswirkungen auf das Erbstatut und damit auf die gesamte Nachfolgeplanung haben. Das sture Abstellen auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers gehört der Vergangenheit an. Vielmehr muss der Berater einer Nachfolgeplanung seine gewählten Gestaltungsinstrumentarien nunmehr auch an die Regularien der EuErbVO anpassen; gegebenenfalls sogar ausländisches Erbrecht beachten, oder dafür Sorge tragen, dass dieses nicht zur Anwendung gelangt.
Rz. 3
Will der Berater erfolgreich bei der Nachfolge einer freiberuflichen Praxis mitwirken, so muss er sich zunächst mit den berufsspezifischen Regelungen der einzelnen Berufsgruppen auseinanderzusetzen. Zulassungsbeschränkungen, Erforderlichkeit einer Kassenarztzulassung etc. müssen in die Nachfolgeberatung mit einfließen.