I. Grundsätzliches
Rz. 13
In der Praxis empfiehlt es sich, rechtzeitig darüber nachzudenken, ob man seine Praxis bzw. Kanzlei (bzw. einen entsprechenden Sozietätsanteil) bereits zu Lebzeiten an die nächste Generation überträgt, oder aber, ob man eine Regelung bzw. Verfügung von Todes wegen treffen möchte. Es bringt nichts, diese Entscheidung allzu lange aufzuschieben. Das Hinauszögern einer solchen Entscheidung schränkt den Auswahlspielraum und die eigene Verhandlungsposition lediglich ein. Diesen Aspekt zu vermitteln, ist eine der schwierigsten Aufgaben des Beraters.
Die Auswahlkriterien sind vielfältig und abhängig von Standort, Umsatzhöhe und Art der freiberuflichen Praxis. So ist es in größeren Sozietäten üblich, bereits zu Lebzeiten einer angemessenen Herabsetzung der Sozietätsanteile ab Erreichen eines bestimmten Alters zuzustimmen. Damit geht oftmals der Entzug des Stimmrechts innerhalb der Sozietät (Seniorsozius) einher. Hier stellt sich die Frage der direkten unmittelbaren Nachfolge oftmals nicht. In diesem Fall wird der Nachfolgeprozess von allen Sozien bzw. Partnern gemeinsam gestaltet.
Rz. 14
Eine besondere Herausforderung ist es, Nachfolgeregelungen für Anwaltsnotare zu erarbeiten. In vielen alteingesessenen Sozietäten machen die Umsätze aus der Notarkanzlei einen nicht unerheblichen Anteil des Einkommens des Anwaltsnotars aus. In den seltensten Fällen liegen die Umsätze in der Anwaltschaft auf gleicher Höhe mit denen des Notariats. Oftmals sind Anwaltsnotare schwerpunktmäßig entweder in der Anwaltschaft oder aber in der Ausübung des Amtes des Notars tätig. Der Zugang zum Amt des Notars ist auch bei den Anwaltsnotaren zwischenzeitlich stark eingeschränkt worden. Es ist also nicht allein die fachliche Eignung des ausgewählten Nachfolgers zu beachten, sondern auch die reelle Chance des Nachfolgers, das Amt des Notars einmal tatsächlich bekleiden zu können. In Kanzleien mit einem besonders starken Anteil an notarieller Tätigkeit, kann das Ausscheiden aufgrund Erreichens der Altersgrenze schnell zu einem Liquiditätsengpass führen bzw. sogar existenzgefährdend werden. Für Anwaltsnotare muss sich also die Nachfolgefrage noch früher als im reinen Anwaltsberufsleben stellen. Die seit Mitte 2011 vorgeschriebene notarielle Fachprüfung hat, in Bezug auf die Auswahl eines Nachfolgers, nicht allein nur negative Aspekte. Der Anwaltsnotar sollte bei der Auswahl des Nachfolgers darauf achten, ob dieser die notarielle Fachprüfung bereits erfolgreich absolviert hat oder nicht. Optimalerweise sollte der Übergang so gestaltet werden, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem der weichende Anwaltsnotar, welcher seine Zulassung als Notar zurückgeben möchte oder aufgrund des Erreichens der Altersgrenze seine Zulassung verliert, der neu eintretende Rechtsanwalt bereits zum Anwaltsnotar ernannt wurde. Denn de facto besteht nur so die Gewähr, dass der Nachfolgeprozess tatsächlich gestaltbar gemacht wird. Ein Nebeneinander eröffnet die Möglichkeit, die Klientel an "den Neuen" zu gewöhnen.
II. Begriffsbestimmung
Rz. 15
Unter dem Sammelbegriff "vorweggenommene Erbfolge" versteht man Vermögensübertragungen zu Lebzeiten des Erblassers auf einen oder mehrere zukünftige Erben, die im Vorgriff auf die Erbfolge vorgenommen werden, also explizit nicht von Todes wegen erfolgen.
Entscheidet sich der Praxis- oder Kanzleiinhaber für eine Übergabe zu Lebzeiten, so stehen ihm mehrere Möglichkeiten zur Verfügung:
III. Rentenmodell
Rz. 16
Beim Rentenmodell überträgt der Praxis- bzw. Kanzleialleininhaber oder Praxis- bzw. Kanzleimitinhaber seine Praxis/Kanzlei bzw. den Anteil seiner Praxis/Kanzlei an seinen Nachfolger gegen Gewährung einer lebenslangen Rentenzahlung gemäß § 759 BGB. Empfehlenswert ist diese Rentenzahlung immer dann, wenn der Arzt oder Anwalt über einen längeren Zeitraum hin monatliche Zahlungen (eben eine richtige Rente) vom übernehmenden Arzt oder Anwalt erhalten möchte. Der Zahlbetrag sollte mit einer Wertsicherungsklausel versehen werden.
Die Verpflichtung zur Zahlung der Leibrente nach § 759 Abs. 1 BGB erlischt mit dem Tod des Leibrentengläubigers. Schon aus dem Begriff ergibt sich, dass die Dauer der Leibrente auf die Lebenszeit beschränkt ist bzw. die Leibrente auf die Lebenszeit zugesagt sein muss. Zulässig ist es auch, die Leibrente mit einer nach dem Kalender bestimmten Mindest- oder Höchstdauer zu versehen. Darüber hinaus kann die Leibrente auch von der Lebensdauer mehrerer Personen abhängig gemacht werden. Eine differenzierte Höhe der Leibrente ist zudem möglich.
Rz. 17
Praxistipp
Soll der Ehegatte des Praxis- bzw. Kanzleiübergebers mitversorgt werden, so sollte die Leibrente nicht allein an den Tod des Praxis- bzw. Kanzleiübergebers gekoppelt sein. Angebracht ist es in diesen Fällen, die Leibrente sowohl an den Tod des Praxis- bzw. Kanzleiübergebers als auch dessen Ehegatten zu koppeln. Dabei kann es angemessen sein, im Falle des Vorversterbens des Übergebers eine herabgesetzte Quote (in der Regel 60 bis 80 Prozen...