Rz. 51

Besser ist es bei freiberuflichen Praxen und Kanzleien, in den Gesellschaftsvertrag eine sogenannte qualifizierte Nachfolgeklausel einzubauen. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass nur bestimmten Personen, z.B. solchen, die eine bestimmte fachliche Eignung besitzen, der Eintritt nach dem Tode des bisherigen Gesellschafters ermöglicht wird.[150] Auch der Erbe/Vermächtnisnehmer, welcher durch eine qualifizierte Nachfolgeklausel in die Gesellschaft einrückt, tritt unmittelbar in die Position des Erblassers ein.[151] Auf die tatsächliche Erbquote kommt es indes nicht an.[152] Der qualifizierte Nachfolger wird also auch dann neuer Gesellschafter, wenn er ansonsten im Testament mit der geringsten Erbquote bedacht wurde, oder aber, wenn der hinterlassene Gesellschaftsanteil nicht seiner tatsächlichen Erbquote (Gesamtwert des Nachlasses) entspricht.[153]

 

Rz. 52

Zu beachten ist jedoch, dass bei Wertunterschieden zwischen Erbquote und übergehender Beteiligung der qualifizierte Gesellschaftsnachfolger gegenüber dem "weichenden" Miterben zu einem erbrechtlichen Wertausgleich verpflichtet ist.[154] Dieser Wertausgleich kann umgangen werden, wenn dem Übernehmer hinsichtlich des die Erbquote überschießenden Anteils ein Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) angeordnet wird.[155] Im Rahmen dieses erbrechtlichen Wertausgleichs ist auf den Verkehrswert des Gesellschaftsanteils abzustellen, da es sich bei dem Wertausgleich um eine Art Erbauseinandersetzung handelt und nicht etwa um eine gesellschaftsrechtliche Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters. Zu betonen gilt es an dieser Stelle jedoch noch einmal ganz klar, dass man bei der Übertragung von GbR-Anteilen im Rahmen einer testamentarischen Lösung ausschließlich den Weg über die Erbeinsetzung, und sei es auch nur zu einem ganz geringen Bruchteil, gehen muss. Der mit dem Gesellschaftsanteil Bedachte muss Erbe sein.[156] Die bloße Stellung als Vermächtnisnehmer reicht schlichtweg nicht aus.[157]

 

Rz. 53

 

Beispiel

Ein Anwalt möchte von Todes wegen sein Einfamilienhaus, sein Barvermögen und seinen Sozietätsanteil gerecht unter seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern, von denen eine den Beruf der Anwältin ergriffen hat, vererben. Die Ehefrau möchte zudem mittestieren, um Klarheit über die Vermögensnachfolge zu haben. Überdies möchte die Ehefrau eine testamentarische Bindungswirkung erreichen, um abgesichert zu sein.

Mögliche Lösung: Die Ehegatten wählen ein notariell errichtetes gemeinschaftliches Berliner Testament (mit Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts), in welchem sich die Ehegatten, für den ersten Erbfall, gegenseitig zu Erben einsetzen sowie nach dem Tode des längstlebenden Ehegatten, die beiden Kinder Erben zu gleichen Teilen werden. Daneben erbt jedoch die Tochter, für den Fall des Erstversterbens des Kanzleiübergebers (Vaters), neben der Mutter zu einem geringen Teil (beispielsweise zu 1/10 oder zu ⅛) mit. Zuvor hat der Erblasser in den Gesellschaftsvertrag seiner Anwaltssozietät den Passus einfügen lassen, dass die Gesellschaft mit den Erben fortgesetzt wird, sofern sie zum Zeitpunkt des Erbfalls die berufsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen; optimalerweise hat er seine Tochter als Erbin des Gesellschaftsanteils im Gesellschaftsvertrag namentlich benannt. Die Testatoren ordnen testamentarisch im Wege der Teilungsanordnung an, dass der Gesellschaftsanteil der Anwaltssozietät an die Tochter übergehen soll. Da die Kanzlei des Ehemannes einen großen Teil des Einkommens der Eheleute darstellt, kann der Tochter zudem auferlegt werden, an die Ehefrau/Mutter eine monatliche Rente zu zahlen, versehen mit einer Wertsicherungsklausel. Die Zahlung der monatlichen Rente ist freilich nur dann zu leisten, wenn der Anwalt/Vater als erster der beiden Ehegatten verstirbt.

Gleichzeitig bestimmen die Ehegatten gemeinsam, im Wege des Vorausvermächtnisses, für den Fall, dass der Vater/Ehemann als Erster verstirbt, dem anderen Kind nach dem Tode einen angemessenen Geldbetrag zukommen zu lassen, welcher die Ehefrau finanziell nicht über die Maßen belastet sowie welchen sich das andere Kind/Vermächtnisnehmer auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen muss. So soll zum einen erbschaftsteuerlich "abgeschichtet" werden, zum anderen soll die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs des Sohnes vermieden werden. Empfehlenswert ist es, eine optionale Pflichtteilsstrafklausel (siehe Rdn 56) begleitend in das Testament mit einzubauen.

 

Rz. 54

Da die Möglichkeit der Anordnung eines reinen Vorausvermächtnisses, zumindest bei der Zuwendung eines GbR-Anteils, ausscheidet, sollte in diesen Fallkonstellationen alternativ über die Möglichkeit, eine Teilungsanordnung zu treffen (zu den Vor- und Nachteilen siehe Rdn 68), nachgedacht werden. Ist der Testator jedoch Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (Anwalts-GmbH oder Steuerberatungs-AG), so kann durchaus mit dem Instrumentarium des Vermächtnisses/Vorausvermächtnisses gearbeitet werden. Diese Gesellschaftsanteile unterliegen nämlich der Universalsukzession...

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