Birgit Eulberg, Michael Ott-Eulberg
I. Allgemeines
Rz. 80
Der Vorerbe kann wie ein Vollerbe das Erblasserkonto auf sich umschreiben lassen und vollkommen frei darüber verfügen. Banktechnisch gesehen besteht keinerlei Unterschied zu einer Vollerbschaft.
Den nicht befreiten Vorerben können im Gegensatz zum Vollerben im Konten- und Depotbereich zahlreiche Pflichten treffen, z.B. die Hinterlegungspflicht gem. § 2116 BGB, die Umschreibungspflicht nach § 2117 BGB und die Pflicht zur mündelsicheren Anlage nach § 2119 BGB, die allerdings kein erhebliche Praxisbedeutungen haben.
II. Hinterlegung von Wertpapieren gem. § 2116 BGB, mündelsicher, § 2119 BGB
1. Pflichten
Rz. 81
Der nicht befreite Vorerbe hat gem. § 2116 BGB besondere Wertpapiere zu hinterlegen, wenn dies der Nacherbe verlangt. Das Gesetz billigt dem Nacherben in Bezug auf bestimmte Wertpapiere der Erbschaft, die nicht zum Umlaufvermögen des Nachlasses gehören und die wegen ihrer Verkehrsfähigkeit und ihres typischerweise hohen Werts ein besonderes Sicherungsbedürfnis des Nacherben begründen, das Recht zu, den Vorerben in seiner Verfügungsbefugnis unmittelbar zu beschränken, indem er die Hinterlegung der Papiere durchsetzt. Der Vorerbe begeht aber keine Pflichtverletzung i.S.d. § 2128 BGB, wenn er von sich aus nicht tätig wird. Die Wirkung der Hinterlegung besteht in einer unmittelbaren, gegenwärtigen Verfügungsbeschränkung.
Rz. 82
Gegenüber der Hinterlegung beim Amtsgericht bildet die Hinterlegung bei einer Bank (Depotvertrag mit Sperrungsabrede nach Maßgabe des § 2116 Abs. 1 S. 1 BGB) vor allem insofern eine sinnvolle Alternative, als Letztere nicht vom relativ schwerfälligen formellen Hinterlegungsrecht erfasst wird.
Rz. 83
Der Vorerbe hat ausschließlich folgende Papiere auf Verlangen des Nacherben zu hinterlegen, § 2116 BGB:
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Inhaberschuldverschreibungen (z.B. Sparbriefe), §§ 793 ff. BGB; |
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Inhabergrundschuldbriefe, § 1195 BGB; |
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Inhaberrentenschuldbriefe, § 1199 BGB; |
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Inhaberaktien, §§ 10, 278 Abs. 3 AktG, ausdrücklich nicht Aktien; |
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Erneuerungsscheine, § 805 BGB; |
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Wechsel, Art. 11, 13, 14 WechselG; |
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Schecks, Art. 14, 17, 19 ScheckG. |
Für den Anspruch des § 2116 BGB reicht es ohne weitere Voraussetzungen aus, dass Inhaberpapiere im Nachlass sind.
2. Rechte
Rz. 84
Der nicht befreite Vorerbe, der entweder freiwillig oder auch zwangsweise Wertpapiere hinterlegt hat, kann trotzdem in bestimmten Fällen noch über diese Wertpapiere verfügen. Der Nacherbe ist gem. § 2120 BGB verpflichtet, seine Zustimmung zu solchen Verfügungen des Vorerben zu erteilen, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erforderlich sind. Bei der Prüfung, ob eine Maßnahme die Anforderung an eine ordnungsgemäße Verwaltung nach § 2120 BGB erfüllt, ist ein strenger Maßstab anzulegen.
III. Mündelsichere Anlage
Rz. 85
Wenn Bargeld sich im Nachlass befindet, ist es gemäß § 2119 BGB mündelsicher anzulegen.
IV. Auskunft gem. § 2121 BGB (Anfangsbestand)
Rz. 86
Um die Rechte aus § 2119 BGB überhaupt sinnvoll in Anspruch nehmen zu können, muss der Nacherbe sich Kenntnis von der Zusammensetzung des Nachlasses verschaffen können. Der Anspruch gem. § 2121 BGB ähnelt in seiner Ausprägung dem Anspruch gem. § 2314 BGB.
V. Anspruch auf Sicherheitsleistung gem. § 2128 BGB
Rz. 87
Die Verletzung der Pflicht aus § 2119 BGB durch den Vorerben gibt dem Nacherben einen Anspruch darauf, Sicherheitsleistung zu verlangen. Die Höhe der Sicherheitsleistung bestimmt sich einerseits nach dem Wert des Nachlasses und andererseits nach dem Ausmaß der Gefährdung. Der Erbe muss eine Gefährdungsgrundlage nachweisen.
VI. Entziehung der Verwaltung gem. § 2129 BGB
Rz. 88
Wird dem Vorerben die Verwaltung der Vorerbschaft entzogen, muss die Bank den damit verbundenen Verlust der Verfügungsbefugnis über das Nachlasskonto nur bei positiver Kenntnis gegen sich gelten lassen, § 2129 Abs. 2 S. 2 BGB. Der Erbe muss eine Gefährdungsgrundlage nachweisen.
VII. Besondere Hinweise
Rz. 89
Der Vorerbe kann gegenüber den Eigengläubigern geltend machen, dass das Geldvermögen durch die Vorerbschaft dem Zugriff der Eigengläubiger entzogen ist. Der Vorerbe muss nachweisen, dass das Geldvermögen der Vorerbschaft unterliegt. Wenn er jedoch das Konto auflöst und auf ein eigenes Konto umbucht, und dann dort eigenen Zahlungsverkehr darüber laufen lässt, wand...