Rz. 143

Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, muss er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitteilen (§ 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Innerhalb derselben Frist kann der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung aus den in § 102 Abs. 3 BetrVG abschließend aufgezählten Gründen widersprechen. Die Abfassung und Zuleitung der vom Arbeitgeber vor dem Kündigungsausspruch zu berücksichtigenden Stellungnahme obliegt – unabhängig von den im Betriebsrat erörterten Gründen – nach § 26 Abs. 2 S. 1 BetrVG dem Betriebsratsvorsitzenden (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 23; zur Erklärung der Gründe für die Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG: BAG v. 30.9.2014 – 1 ABR 32/13, Rn 54). Eine vom Arbeitgeber ohne Anhörung des Betriebsrates oder vor Ablauf der Wochenfrist ausgesprochene Kündigung ist unwirksam (§ 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG). Der Betriebsrat muss mit seiner Äußerung allerdings nicht bis zum Fristablauf warten. Er kann bereits vor diesem Zeitpunkt zur mitgeteilten Kündigungsabsicht des Arbeitgebers abschließend Stellung nehmen (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 23). Das Beteiligungsverfahren ist mit Eingang einer solchen Äußerung vorzeitig beendet und der Arbeitgeber kann die Kündigung umgehend erklären (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 23; BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 736/13, Rn 13).

Einer Äußerung des Betriebsrats während des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG kommt jedoch nur fristverkürzende Wirkung zu, wenn der Arbeitgeber ihr unzweifelhaft entnehmen kann, dass es sich um eine abschließende Stellungnahme handelt (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 24). Erklärt der Betriebsrat dies nicht ausdrücklich, ist der Inhalt seiner Mitteilung durch Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 24; BAG 12.3.1987 – 2 AZR 176/86, zu B I 1 d bb der Gründe). Diese muss eindeutig ergeben, dass der Betriebsrat sich bis zum Ablauf der Anhörungsfrist nicht noch einmal – und sei es "nur" zur Ergänzung der Begründung seiner bereits eröffneten Entschließung – äußern möchte (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 24; BAG v. 26.1.1995 – 2 AZR 386/94, zu II 1 b der Gründe). Der Arbeitgeber muss aufgrund der bisherigen Äußerung des Betriebsrats davon ausgehen können, dieser werde unter keinen Umständen mehr tun als bereits geschehen (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 24; BAG v. 24.6.2004 – 2 AZR 461/03, zu B II 2 b bb der Gründe).

Für die Annahme einer vorfristig abgegebenen verfahrensbeendenden Äußerung bedarf es besonderer Anhaltspunkte (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 25). Dem Betriebsrat steht für die Mitteilung der Gründe, die aus seiner Sicht gegen die Verwirklichung des Kündigungsentschlusses sprechen, die gesamte Anhörungsfrist zur Verfügung (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 25). Die Möglichkeit zur Stellungnahme gegenüber dem Arbeitgeber ist dabei nicht auf eine einmalige Äußerung beschränkt (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 25). Ebenso wie der Arbeitgeber seine Angaben im Verfahren nach § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG während der Wochenfrist ergänzen darf, kann auch der Betriebsrat in diesem Zeitraum eine bereits abgegebene Stellungnahme jederzeit erweitern (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 25). Hierfür kann insbesondere Anlass bestehen, wenn sich der Kündigungssachverhalt oder dessen rechtliche Bewertung aus Sicht des Betriebsrats im Verlauf der Wochenfrist verändern (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 25). Dieser ist auch nicht gehalten, sich die Ergänzung einer bereits übermittelten Stellungnahme ausdrücklich vorzubehalten (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 25).

Besondere Anhaltspunkte für eine abschließende Stellungnahme liegen regelmäßig vor, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber mitteilt, er stimme der beabsichtigten Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zu oder erklärt, von einer Äußerung zur Kündigungsabsicht abzusehen (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 26). In anderen Fällen wird der Arbeitgeber nur von einer abschließenden Stellungnahme ausgehen können, wenn aus seiner Sicht eine weitere Äußerung des Betriebsrats zur Kündigungsabsicht ausgeschlossen ist (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 26). Dazu ist es nicht ausreichend, dass der Betriebsratsvorsitzende dem Arbeitgeber das Ergebnis der Beschlussfassung des Gremiums mitgeteilt hat (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 26). Dies schließt für sich allein genommen eine erneute Beschlussfassung des Betriebsrats oder eine Ergänzung der mitgeteilten Beschlussgründe durch den Vorsitzenden nicht aus (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 26).

Fehlt es an sicheren Anhaltspunkten dafür, dass sich der Betriebsrat in keinem Fall mehr zur Kündigungsabsicht äußern wird, muss der Arbeitgeber, sofern er die Kündigung vor Ablauf der Wochenfrist erklären will, beim Betriebsratsvorsitzenden nachfragen und um entsprechende Klarstellung bitten (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, Rn 27). Auf dessen Erklärung darf er sich verlassen (BAG v. 25.5.2016 – 2 ...

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