Dr. iur. Berthold Hilderink
Rz. 325
Besteht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein befristetes Arbeitsverhältnis und informiert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darüber, dass er das Arbeitsverhältnis nicht über den Fristablauf hinaus weiterführen will bzw. dass er den Arbeitnehmer nicht weiter beschäftigen wird, ist – sofern der Arbeitgeber dies schriftlich erklärt hat – fraglich, ob seine Erklärung in eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses umgedeutet werden kann.
Nach der Rspr. des BAG finden die folgenden Grundsätze Anwendung: Wenn die Arbeitsvertragsparteien noch nicht darüber streiten, ob die zwischen ihnen vereinbarte Befristung wirksam ist, drückt der Arbeitgeber mit seinem Hinweis, er werde den Arbeitnehmer nicht über den vorgesehenen Endtermin hinaus beschäftigen oder durch eine sonstige Berufung auf die Befristung lediglich seine Rechtsauffassung aus, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung endet. Vom Standpunkt des Arbeitgebers aus sei es dann auch nicht nötig, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Solange sich der Arbeitnehmer noch nicht zur Wirksamkeit der Befristung geäußert hat, bestehe für den Arbeitgeber kein Anlass zu einer vorsorglichen Kündigung (BAG v. 26.4.1979, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 47). Es greife vielmehr die entgegengesetzte Erfahrungsregel, dass die Berufung auf eine Befristung oder die Ablehnung der Weiterbeschäftigung wegen der Befristung nur ausnahmsweise eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses enthalte. Die Berufung des Arbeitgebers auf den künftigen Ablauf der Befristung oder die Ablehnung der Weiterbeschäftigung über den vorgesehenen Endtermin hinaus sei dann keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, sondern lediglich eine "Wissenserklärung" wenn er nur auf die nach seiner Auffassung bestehende und vom Arbeitnehmer noch nicht bezweifelte Rechtslage hinweise (BAG v. 26.4.1979, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 47). Wegen des fehlenden rechtsgeschäftlichen Willens kann nach Ansicht des BAG eine solche Erklärung auch nicht umgedeutet werden (BAG v. 26.4.1979, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 47; BAG v. 13.6.1985, AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 19; a.A. Hueck Anm. zu BAG AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 34).
Damit nicht zu vereinbaren sei die Auffassung, aufgrund der Berufung des Arbeitgebers auf die Befristung "wisse" der Arbeitnehmer, dass das Arbeitsverhältnis mit Fristablauf beendet werden solle; mit einer solchen Erklärung habe der Arbeitgeber seine Kündigungsabsicht erkennen lassen (so Nikisch, BB 1965, 1100). Wenn der Arbeitgeber nicht das Bewusstsein habe, eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung abzugeben, könne ihm auch kein rechtsgeschäftlicher Wille unterstellt werden, das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung zu beenden. In einem solchen Fall möge der Arbeitgeber zwar die unabänderliche tatsächliche Absicht gehabt haben, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer nicht über das Ende der Befristung hinaus fortzusetzen. Es fehlt dem Arbeitgeber nach Ansicht des BAG aber in einem solchen Fall das Bewusstsein, dass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ende der Befristung eine Kündigung erforderlich ist, solange er auf die Wirksamkeit der Befristung vertraut, namentlich, weil der Arbeitnehmer diese erst später anzweifelt (BAG v. 26.4.1979, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 47).
Dem stehe nicht entgegen, dass auch einer nur deklaratorischen Äußerung über eine vermeintliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Umständen hilfsweise der Wille zur Auflösung des Arbeitsvertrages zu entnehmen sein könne (BAG AP Nr. AP BGB § 620 1 zu § 620 BGB Kündigungserklärung; BAG v. 26.4.1979, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 47). Dies könne aber nur dann der Fall sein, wenn die Parteien bereits darüber streiten würden, ob die Befristung wirksam sei. In einem solchen Fall habe der Arbeitgeber ein Interesse und möglicherweise auch den rechtsgeschäftlichen Willen, ein nach seiner Meinung wirksam befristetes Arbeitsverhältnis vorsorglich zu kündigen (BAG v. 26.4.1979, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 47).
Rz. 326
Besteht ein Betriebs- oder Personalrat kommt eine Umdeutung grds. nicht in Betracht, da es regelmäßig an der Beteiligung des Kollektivorgans fehlen wird, die jedoch für eine wirksame Kündigung erforderlich ist.