Dr. iur. Berthold Hilderink
I. Beendigungskündigung
Rz. 195
Die Beendigungskündigung ist auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin gerichtet.
II. Änderungskündigung
Rz. 196
Auch die Änderungskündigung zielt auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin. Im Unterschied zur Beendigungskündigung enthält die Änderungskündigung jedoch gleichzeitig ein Änderungsangebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen mit dem der Kündigende i.d.R. versucht, eine Veränderung der Arbeitsbedingungen zu seinen Gunsten zu erreichen. Die Änderungskündigung umfasst daher zwei Elemente:
Beendigung sowie
Angebot zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen.
III. Ordentliche Kündigung
Rz. 197
Die ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis zum Ablauf der im Arbeitsvertrag vereinbarten Kündigungsfrist oder zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist gem. § 622 BGB.
Rz. 198
Arbeitnehmer benötigen keinen "Kündigungsgrund", um ihr Arbeitsverhältnis zu beenden. Demgegenüber sind Arbeitgeber hinsichtlich der Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis einseitig fristgerecht zu beenden, vielfach eingeschränkt. Findet das KSchG Anwendung, ist eine Kündigung nur wirksam, wenn diese sozial gerechtfertigt ist. Darüber hinaus genießen bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern, insb. schwerbehinderte Menschen, Schwangere, Betriebsratsmitglieder und seit dem 1.9.2009 auch betrieblich Beauftragte für Datenschutz, einen darüber hinausgehenden besonderen Kündigungsschutz.
IV. Außerordentliche Kündigung
Rz. 199
Mit der außerordentlichen Kündigung wird das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der vertraglich vereinbarten oder der gesetzlichen Kündigungsfrist beendet. Die außerordentliche Kündigung ist daher i.d.R. eine fristlose Kündigung mit sofortiger Wirkung. Für eine wirksame außerordentliche Kündigung ist gem. § 626 BGB ein "wichtiger Grund" erforderlich. Das Gesetz kennt keine "absoluten" Kündigungsgründe (BAG v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227, 1229). Vielmehr ist jeder Einzelfall gesondert zu beurteilen. Eine außerordentliche Kündigung kann nur wirksam ausgesprochen werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der anwendbaren Kündigungsfrist oder – bei befristeten Arbeitsverhältnissen – bis zum Zeitpunkt der vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist (BAG v. 27.6.2019 – 2 AZR 50/19, Rn 12). Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (BAG v. 27.6.2019 – 2 AZR 50/19, Rn 12; BAG v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18, Rn 15).
Rz. 200
Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen (BAG v. 23.8.2018 – 2 AZR 235/18, Rn 40). Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt somit nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG v. 23.8.2018 – 2 AZR 235/18, Rn 40; 24.3.2011 – 2 AZR 282/10, NZA 2011, 1029; BAG v. 10.6.2010, NZA 2010, 1227; BAG v. 19.4.2007, NZA-RR 2007, 571, 575). Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren (BAG v. 24.3.2011 – 2 AZR 282/10, NZA 2011, 1029, 1031). Die außerordentliche Kündigung scheidet aus, wenn es ein "schonenderes" Gestaltungsmittel gibt. Als mildere Mittel kommen insb. eine Abmahnung und eine ordentliche Kündigung in Betracht. Sie sind alternative Gestaltungsmittel, wenn bereits sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen – zu erreichen (BAG v. 23.8.2018 – 2 AZR 235/18, Rn 40; BAG v. 29.6.2017 – 2 AZR 302/16, Rn 27; BAG v. 24.3.2011 – 2 AZR 282/10, NZA 2011, 1029, 1030; BAG v. 10.6.2010, NZA 2010, 1227, 1231). Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grds. davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beei...