Dr. iur. Berthold Hilderink
Rz. 27
Die Kündigung muss durch die Personen erfolgen, die zur Kündigungserklärung berechtigt sind. Grds. sind dies die Parteien des Arbeitsvertrages. Sie können ihr Kündigungsrecht nicht auf Dritte übertragen. Dies gilt jedoch nicht für den Ausspruch der Kündigung.
Rz. 28
Der Kündigende kann sich gem. § 164 Abs. 1 BGB beim Ausspruch der Kündigung, der Gekündigte nach § 164 Abs. 3 BGB beim Empfang der Kündigung vertreten lassen. Eine juristische Person wird gesetzlich durch ihre Organe (Geschäftsführer, Vorstand) vertreten.
Rz. 29
Die Vollmacht wird gem. § 167 Abs. 1 BGB durch Erklärung ggü. den Bevollmächtigten oder dem Dritten erteilt, ggü. dem die Vertretung stattfinden soll. Die Erteilung der Vollmacht ist gem. § 167 Abs. 2 BGB formlos wirksam, obgleich die Kündigung der Schriftform bedarf. Arbeitgeberseits wird die Kündigung regelmäßig durch einen Bevollmächtigten ausgesprochen. Die Vollmacht hierzu kann auf den Einzelfall beschränkt sein. Häufig jedoch wird sie Teil einer umfassenden Vollmacht sein, z.B. der Prokura, Handlungsvollmacht oder Generalvollmacht. Regelmäßig besitzen der Betriebs- oder der Personalleiter die Vollmacht zur Kündigung (BAG v. 29.10.1992 – 2 AZR 460/92, DB 1993, 541; BAG v. 6.2.1997, NZA 1997, 655).
Rz. 30
Der Prozessbevollmächtigte ist über seine Prozessvollmacht gem. § 81 ZPO auch zu materiell-rechtlichen Willenserklärungen ermächtigt, wenn sie im Prozess abzugeben sind, wie etwa eine Aufrechnung, Wandlung, Minderung, Anfechtung, Kündigung oder ein Rücktritt dem Gegner ggü. (im Anschluss an BGHZ 31, 206, 209). Wenn solche Erklärungen außerhalb des Prozesses abgegeben werden, können sie gleichwohl Prozesshandlungen sein, sofern die Erklärung im Dienste der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung des jeweiligen Rechtsstreits steht. Eine Prozesspartei kann den Umfang der ihrem Prozessbevollmächtigten erteilten Vollmacht aber auch über den gesetzlichen Rahmen hinaus erweitern. Ob das im Einzelfall geschehen ist, muss durch Auslegung nach § 133 BGB ermittelt werden (BAG v. 10.8.1977 – 5 AZR 394/76, DB 1978, 167).
Rz. 31
Wird während eines Kündigungsschutzprozesses eine zweite Kündigung erklärt, ist nach der herrschenden Streitgegenstandstheorie davon auszugehen, dass sich die Prozessvollmacht grds. nicht auf die Erklärung und Empfangnahme einer weiteren Kündigung bezieht (LAG Baden-Württemberg BB 1967, 1424). Streitgegenstand ist nach der Streitgegenstandstheorie im Kündigungsschutzrechtsstreit, ob die konkrete Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat (BAG v. 13.11.1958, AP KSchG § 3 Nr. 17; st. Rspr.), jedoch nicht der Bestand des Arbeitsverhältnisses generell im Zeitpunkt der letzten Tatsacheninstanz. Infolgedessen erstreckt sich die Prozessvollmacht nur auf alle mit dem Streitgegenstand in Verbindung stehenden materiellen und prozessualen Erklärungen. Ein Rechtsanwalt kann also eine zweite Kündigung kraft seiner Prozessvollmacht aus dem ersten Kündigungsschutzverfahren nicht abgeben (Güntner, DB 1975, 1271; Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, Rechtsgeschäftliche Grundlagen der Kündigung Rn 87). Das gilt jedoch nicht, wenn der Erklärungsempfänger erkennen kann, dass der Umfang der Prozessvollmacht erweitert worden ist. Dies wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn die Kündigung wegen desselben Sachverhalts wiederholt wird, weil bspw. die frühere Kündigung wegen eines Formfehlers zu scheitern droht (vgl. BAG v. 10.8.1977, AP ZPO § 81 Nr. 2). Der Rechtsanwalt benötigt also zur Abgabe der zweiten Kündigung eine besonderen Vollmacht, die jedoch formlos erteilt werden kann (Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, Rechtsgeschäftliche Grundlagen der Kündigung Rn 87).
Rz. 32
Wird die Kündigung durch Schriftsatz (sog. Schriftsatzkündigung) ausgesprochen, geht sie – vorbehaltlich einer Empfangsvollmacht des Prozessbevollmächtigten – erst mit Zugang des Schriftsatzes beim Arbeitnehmer zu, sodass ab diesem Zeitpunkt die Klagefrist nach § 4 KSchG zu bestimmen ist. Etwas anderes gilt dann, wenn Streitgegenstand der Klage nicht nur der punktuelle Kündigungsschutzantrag, sondern auch der allgemeine Feststellungsantrag (§ 256 ZPO) ist. In diesem Fall bezieht sich die Prozessvollmacht nicht nur auf den punktuellen Streitgegenstand, sondern auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, sodass die Prozessvollmacht auch zum Ausspruch und zur Entgegennahme aller materiell-rechtlichen Willenserklärungen ermächtigt, die sich auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses beziehen. Die Schriftsatzkündigung geht dann mit Eingang beim Prozessbevollmächtigten zu (BAG v. 10.8.1977 – 5 AZR 394/76, DB 1978, 167 = RdA 1977, 391; BAG v. 21.1.1988, NJW 1988, 2691 = NZA 1988, 651; Bader, NZA 1997, 905, 908).
Rz. 33
Arbeitnehmer können ihre Kündigung ggü. dem Personalbüro erklären. Besteht eine Gesamtvertretung, ist jeder Gesamtvertreter allein berechtigt, die Willenserklärung entgegenzunehmen (BAG v. 12.2.1975, AP BetrVG 1972 § 78 Nr. 1).
Rz. 34
§ 185 Abs. 1 BGB gilt auch für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses (