Rz. 66

§ 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG verweist für den Begriff des Konzerns auf § 18 AktG. Hierbei handelt es sich um einen sog. rechtsformneutralen Verweis. Es kommt für den Konzernbegriff folglich nicht darauf an, ob es sich bei den beteiligten Unternehmen formal um eine deutsche AG oder eine KGaA handelt.[116] Der Verweis auf § 18 AktG erfasst materiell sowohl den Unterordnungskonzern (§ 18 Abs. 1 AktG), den Gleichordnungskonzern (§ 18 Abs. 2 AktG), den sog. Vertragskonzern sowie den faktischen Konzern.[117] Da es für das Konzernprivileg nicht auf die Rechtsform der beteiligten Unternehmen ankommt, ist das Konzernprivileg z.B. auch dann einschlägig, wenn die Konzernarbeitnehmerüberlassung in internationalen Konzernen oder einer SE erfolgt.[118] Die Anforderungen an die Anwendung des Konzernprivilegs auf internationale Konzerne dürfen indes nicht überspannt werden, da § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG nicht zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Konzernstrukturen differenziert.[119] Notwendige Voraussetzung ist allein, dass ein hinreichender Inlandsbezug eines der beteiligten Unternehmen vorliegt, da nach dem Territorialitätsprinzip nur dann das AÜG Anwendung findet.[120] Den Inlandsbezug wird man bereits dann bejahen können, wenn eines der beteiligten Unternehmen einen Sitz in Deutschland hat und die Überlassung aus dem Ausland nach Deutschland oder aus Deutschland ins Ausland erfolgt.[121] Ein gemeinsamer Betrieb zweier Unternehmen begründet hingegen weder einen Konzern im Sinne der Vorschrift noch ist § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG auf diesen Fall analog anwendbar.[122]

 

Rz. 67

Für das Konzernprivileg kommt es allein darauf an, ob die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen erfolgt. Unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer vom herrschenden Unternehmen in ein beherrschtes Unternehmen überlassen wird oder die Arbeitnehmerüberlassung zwischen zwei beherrschten Unternehmen desselben Konzerns erfolgt.[123]

[116] BAG v. 5.5.1988 – 2 AZR 795/87, NZA 1989, 18; ErfK/Wank/Roloff, § 1 AÜG Rn 75; HWK/Höpfner, 10. Aufl. 2022, § 1 AÜG Rn 83.
[117] Vgl. zum Konzernbegriff BAG v. 20.1.2016 – 7 AZR 535/13, AP AÜG § 1 Nr. 38 Rn 32; ErfK/Wank/Roloff, § 1 AÜG Rn 75; HK-AÜG/Ulrici, § 1 AÜG Rn 162, Thüsing/Waas, § 1 AÜG Rn 233.
[118] Fachliche Weisungen zum AÜG, Nr. 1.4.2; Thüsing/Waas, § 1 AÜG Rn 232; vgl. Schüren/Hamann/Hamann, 6. Aufl. 2022, § 1 AÜG Rn 601; a.A. Ulber/Ulber, AÜG-Basis, § 1 Rn 393; Ulber/J. Ulber, AÜG, § 1 Rn 467.
[119] Ähnlich Schüren/Hamann/Hamann, 6. Aufl. 2022, § 1 AÜG Rn 601; Feuerborn, WiVerw 2001, 190, 196. Zu weitgehend daher Ulber/J. Ulber, AÜG, § 1 Rn 467, der verlangt, dass beide Unternehmen ihren Sitz in Deutschland haben.
[120] Feuerborn, WiVerw 2001, 190, 196.
[121] Thüsing/Waas, § 1 AÜG Rn 232; Feuerborn, WiVerw 2001, 190, 196; ähnlich auch Schüren/Hamann/Hamann, 6. Aufl. 2022, § 1 AÜG Rn 601. Vgl. auch Fachliche Weisungen zum AÜG, Nr. 1.1.1.
[122] Thüsing/Waas, § 1 AÜG Rn 234.
[123] ErfK/Wank/Roloff, § 1 AÜG Rn 75; Thüsing/Waas, § 1 AÜG Rn 238.

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