Rz. 16

Das BAG hatte in der Vergangenheit verschiedentlich Gelegenheit, sich mit der Abgrenzung zwischen dem Fremdpersonaleinsatz aufgrund eines Werkvertrages und der Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG auseinanderzusetzen. Von gefestigten Rechtsprechungsgrundsätzen kann freilich bislang nicht die Rede sein.

Die Diskussion um die arbeitsrechtlich relevante Beurteilung eines Werkvertrages bzw. genauer einer Personalgestellung auf der Grundlage eines Werkvertrages wird häufig vermengt mit der insoweit völlig bedeutungslosen zivilrechtlichen Abgrenzung eines Werkvertrages von einem Dienstvertrag. BAG und BGH definieren die Merkmale des Werkvertrages übereinstimmend wie folgt: Durch einen Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks und der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 631 Abs. 1 BGB). Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 BGB). Für die Abgrenzung zum Dienstvertrag ist maßgebend, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird.[41]

Diese für zivilrechtliche Folgen, etwa die den Werkvertrag kennzeichnende Notwendigkeit einer Abnahme, bedeutsame Grenzziehung ist für das Arbeitsrecht ohne jede Relevanz. Die Beauftragung eines externen Dienstleisters kann ebenso gut auf der Grundlage eines Werkvertrages wie auf der Grundlage eines Dienstvertrages erfolgen. In beiden Fällen wird die vertraglich vereinbarte Leistung durch die Mitarbeiter des Auftragnehmers erbracht, die dieser als seine Erfüllungsgehilfen einsetzt. Aus der Sicht des Arbeitsrechts gilt es, diese Formen von der (verdeckten) Zeitarbeit abzugrenzen, bei der keine Dienstleistung vereinbart wird, der Verleiher/Auftragnehmer sich vielmehr schlicht zur Überlassung von Personal unter Übertragung des Weisungsrechts auf den Entleiher verpflichtet. Ob die Parteien einen Dienst- oder Werkvertrag vereinbaren, steht ihnen völlig frei, einen Rechtsformzwang gibt es insoweit nicht.

 

Rz. 17

In dem hier interessierenden Kontext des Fremdpersonaleinsatzes geht es auch – entgegen einem in der Praxis verbreiteten Missverständnis – nicht darum, den Werkvertrag vom Arbeitsvertrag abzugrenzen. Die arbeitsrechtlich interessante Frage ist allein, ob eine Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG oder eine sonstige Form eines Fremdpersonaleinsatzes vorliegt. Entscheidend ist insoweit, ob die Personalhoheit auf den Auftraggeber, in dessen Betrieb der Personaleinsatz erfolgt, übertragen wird. Insofern gibt es bei der Abgrenzung Überschneidungen mit dem allgemeinen Arbeitnehmerbegriff, der primär für die Abgrenzung zwischen dem persönlich abhängigen Arbeitnehmer und dem Soloselbstständigen/freien Mitarbeiter gedacht ist.

Vereinfacht formuliert lässt sich feststellen: Der Auftraggeber darf den fremden Arbeitnehmer nur dann wie einen eigenen Arbeitnehmer behandeln, wenn er mit dem Auftragnehmer einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nach dem AÜG abgeschlossen hat und die gesetzlichen Voraussetzungen für eine legale Arbeitnehmerüberlassung vorliegen. Bei dem Drittpersonaleinsatz auf der Grundlage eines Dienst- oder Werkvertrages erwirbt der Auftraggeber dagegen kein Weisungsrecht gegenüber dem Fremdpersonal. Dieses bleibt vielmehr ausschließlich gegenüber dem eigenen Arbeitgeber persönlich abhängig und weisungsgebunden. Beschäftigt der Auftraggeber trotz Vereinbarung eines Werk- oder Dienstvertrages die Arbeitnehmer des Dienstleisters faktisch wie eigene Arbeitnehmer, indem er ihnen gegenüber ein arbeitsbezogenes Weisungsrecht ausübt, so entsteht nach altem wie nach neuem Recht ein Arbeitsverhältnis zwischen Auftraggeber und dem Personal des Auftragnehmers. Es liegt ein Fall einer "verdeckten" Leiharbeit vor. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass anders als nach altem Recht eine verdeckte Leiharbeit in jedem Fall zu einem Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher führt und zwar selbst dann, wenn der Auftragnehmer des Dienst- oder Werkvertrages über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt. Die sogenannte Vorratserlaubnis des Auftragnehmers bietet damit nach neuem Recht keinen Ausweg mehr aus der weiterhin bestehenden Rechtsunsicherheit (siehe hierzu § 5 Rdn 206 ff.).

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