Dr. iur. Pierre Plottek, Malte Masloff
Rz. 37
Bankvollmachten sind in der Rechtspraxis weit verbreitet. Der Bedarf für die Bankvollmacht – insbesondere die Kontovollmacht – ist groß. Im Erbfall ist es erforderlich, auf Schließfächer oder Wertpapierkonten zeitnah zugreifen zu können, schon um Nachlassverbindlichkeiten begleichen zu können und den Nachlass zu verwalten. Die Klärung der erbrechtlichen Rechtsnachfolge kann hier oft nicht Schritt halten, insbesondere, wenn die Erbfolge streitig ist und sich die Erteilung des Erbscheins oder die Testamentseröffnung verzögert. Die Kontovollmachten werden in der Regel auf Formularen der Bank abzugeben sein und sind regelmäßig als transmortale Vollmacht ausgestaltet.
Praxishinweis
Falls weder eine Kontovollmacht noch ein Erbschein vorhanden ist und sich die Bank weigert, Kontoverfügungen zuzulassen, sollte bei der Bank angeregt werden, im Wege einer Geschäftsführung ohne Auftrag zumindest dringliche Nachlassverbindlichkeiten wie Beerdigungskosten zu begleichen.
Rz. 38
Die Kontovollmacht stellt dem Bevollmächtigten gegenüber keine Zuwendung dar. Ohne Rechtsgrund abgehobenes Vermögen ist daher durch den Bevollmächtigten nach § 812 Abs. 1 BGB herauszugeben.
Praxishinweis
Dem Alleinerben dürfte in der Regel anzuraten sein, Kontovollmachten für Dritte sofort zu widerrufen. Es kommt immer wieder vor, dass Bevollmächtigte nach dem Erbfall auf das Konto zugreifen, obwohl diese Verfügungen durch das Innenverhältnis der Bevollmächtigung nicht gedeckt sind. Der Regress ist oft schwierig.
Rz. 39
Von der Kontovollmacht ist das Gemeinschaftskonto zu unterscheiden. Das Gemeinschaftskonto beschreibt die Kontoinhaber und nicht bloß Bevollmächtigte. Gemeinschaftskonten gibt es sowohl bei Geldkonten, insbesondere den Girokonten, aber auch bei den Sachkonten (Wertpapierdepot). Gemeinschaftskonten wiederum unterscheiden sich in "Und-" und "Oder-Konten":
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Und-Konto |
Oder-Konto |
Verfügungsbefugnis der Kontoinhaber |
Kontoinhaber gemeinschaftlich (Regelfall bei Eintritt einer Erbengemeinschaft in ein Einzelkonto des Erblassers, arg. § 2038 BGB) |
Kontoinhaber einzeln, auch über den Tod des Mitinhabers hinaus (bei Bankkonten der Regelfall, Nr. 2 AGB-Banken) |
Widerruf der Verfügungsbefugnis |
Kontoinhaber gemeinschaftlich |
Kontoinhaber einzeln, mit der Folge eines Und-Kontos |
Zuordnung des Vermögens zu den Kontoinhabern |
Gemeinschaftsgläubiger und regelmäßig Gesamtschuldner (§ 421 BGB) |
Gesamtgläubiger mit der Folge der Ausgleichungspflicht (§ 430 BGB) und Gesamtschuldner (§ 421 BGB); abweichende Abreden im Innenverhältnis möglich |
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Bei Wertpapierkonto findet Wertpapierrecht Anwendung: bei Inhaberpapieren folgt das Recht aus dem Papier, dem Recht am Papier; im Zweifel gilt § 742 BGB |
Erfüllungswirkung der Verfügung für die Bank |
Befreiende Wirkung bei Leistung an alle Kontoinhaber gemeinschaftlich |
Befreiende Wirkung bei Leistung an jeden Kontoinhaber |
Besonderheiten in der Vermögenszuordnung bei Und- und Oder-Konten gibt es bei Ehegatten und Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft. Die Zuordnung des Vermögens auf den Konten wird hier im Innenverhältnis grundsätzlich beiden Partnern zu gleichen Teilen zustehen.