Dr. iur. Pierre Plottek, Malte Masloff
Rz. 41
Einen Sonderfall der rechtsgeschäftlichen Vollmacht stellt die Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung dar und soll hier nur der Vollständigkeit halber genannt sein. Die Vorsorgevollmacht steht in Zusammenhang mit dem Betreuungsrecht nach §§ 1814 BGB und soll letztlich ein weder von dem Betroffenen noch von den Erben zu kontrollierendes gerichtliches Betreuungsverfahren vermeiden (§§ 1814, 164 ff. BGB).
Praxishinweis
Die Vorsorgevollmacht sollte deswegen auch beim Betreuungsgericht hinterlegt werden. Über die Bundesnotarkammer kann eine Anmeldung zum zentralen Vorsorgeregister (www.vorsorgeregister.de) erfolgen.
Die Vorsorgevollmacht ist grundsätzlich formfrei, sollte aber aus Beweisgründen schriftlich abgefasst werden. Die Ärztekammern oder das Bundesministerium der Justiz halten auf ihren Internet-Seiten entsprechende Formulare zum Download bereit. Diese Formulierungshilfen sollten jedoch durch den Berater kritisch auf den Einzelfall angepasst werden. Vielfach wird für die Vermeidung von Zweifeln an der Willensfreiheit und der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers und zur Stärkung des Regelungswillens die notarielle Beurkundung empfohlen. Der Notar kann zudem durch Verwahrung der Urkunde bis zum Vorsorgefall etwaigem Missbrauch vorbeugen.
Rz. 42
In der Vorsorgevollmacht können vertrauensvolle Vertreter – etwa Familienangehörige – für die Bereiche der Vermögens- und/oder Personensorge benannt werden; die Vollmacht kann inhaltlich auf einzelne Teilbereiche beschränkt werden. Ist eine Vollmachtsbeschränkung sinnvoll, sollen die Teilbereiche dann gegenständlich so genau wie möglich formuliert werden. Vielfach ist es jedoch ratsam, die Vorsorgevollmacht weit auszugestalten und einer Generalvollmacht anzunähern. Damit die Vorsorgevollmacht durchgreift, sollten auch für den Fall der Verhinderung des Vertreters Ersatzvertreter benannt werden. Für eine höhere Kontrolldichte des Vertreters kann zudem ein Ergänzungsvertreter (Überwachungsvertreter) oder eine Gesamtvertretung vorgesehen werden; in der Praxis ergeben sich dabei jedoch oft Uneinigkeiten der Vertreter, sodass das Ziel der Vermeidung einer Anrufung des Betreuungsgerichtes nicht erreicht wird.
Praxishinweis
Die Vollmacht sollte nicht aufschiebend bedingt auf den Vorsorgefall formuliert werden, um Unsicherheiten bezüglich der Wirksamkeit der Bevollmächtigung zu vermeiden. Aber selbst das Fehlen einer Bedingung erfordert bei Ausübung der Vollmacht den Nachweis, dass der Betroffene seine Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann (§ 1896 Abs. 1 BGB). Für Dritte – insbesondere Behörden – sollte die Vollmacht deswegen die Feststellung des Vorsorgefalls durch zwei unabhängige fachpsychiatrische Ärzte vorsehen.
Konsequenterweise sollte eine Vorsorgevollmacht auch ausdrückliche Regelungen zu gefährlichen ärztlichen Maßnahmen, der Unterbringung und unterbringungsähnlichen Maßnahmen – z.B. die Anbringung von Bettgittern – enthalten (§§ 1829, 1831 BGB). Ein bloßer Verweis auf die gesetzlichen Normen ist dabei nicht ausreichend. Das Einwilligungserfordernis des Betreuungsgerichts bleibt in diesen Fällen jedoch zu beachten (§§ 1829, 1831 BGB).