Rz. 133
Die soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG erstreckt sich nur auf Arbeitnehmer, die miteinander verglichen werden können. Vergleichbarkeit in diesem Sinne bedeutet Austauschbarkeit. Es kommt darauf an, ob der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, die Aufgaben anderer Arbeitnehmer übernehmen kann. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer aufgrund seiner Fähigkeiten und Kenntnisse tatsächlich (siehe Rdn 134 ff.) sowie nach dem Inhalt seines Arbeitsvertrages rechtlich (vgl. Rdn 137 ff.) eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann, also mit dem Arbeitsplatzinhaber austauschbar ist, wobei genau genommen nur zu prüfen ist, ob der unmittelbar kündigungsbedrohte Arbeitnehmer den fortbestehenden Arbeitsplatz aufgrund seiner Qualifikation übernehmen kann und rechtlich übernehmen darf. Arbeitnehmer auf verschiedenen Ebenen der Betriebshierarchie sind nicht vergleichbar (siehe Rdn 142).
a) Fähigkeiten und Kenntnisse
Rz. 134
Die Austauschbarkeit richtet sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, d.h. nach der ausgeübten Tätigkeit. Dies gilt nicht nur bei Identität der Arbeitsplätze, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann. Der Arbeitnehmer muss also aufgrund seiner bisherigen Aufgaben im Betrieb und/oder angesichts seiner beruflichen Qualifikation dazu in der Lage sein, die andersartige, aber gleichwertige Arbeit eines anderen Arbeitnehmers zu verrichten. Bei einer partiellen Identität der Aufgabenbereiche kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz wegfällt, aufgrund seiner tatsächlichen Kenntnisse und Fähigkeiten die Funktion anderer Arbeitnehmer ausüben kann. Die Vergleichbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass einzelne Arbeitnehmer bestimmte Tätigkeiten besonders beherrschen. Objektive Merkmale zur Ermittlung der Vergleichbarkeit sind z.B. Berufsausbildung, Zugehörigkeit zur gleichen Berufsgruppe (z.B. Personalsachbearbeiter, Facharbeiter, Techniker, Senior Projektleiter, Sekretariatsmitarbeiter, Außendienstmitarbeiter, Fahrer) und zur gleichen Betriebshierarchieebene.
Rz. 135
In der Praxis der ArbG wird eine Vergleichbarkeit regelmäßig innerhalb einer tariflichen Vergütungs- oder Lohngruppe angenommen, obwohl nach der Rspr. des BAG die tarifliche Eingruppierung nur in engen Grenzen zur Feststellung der Austauschbarkeit herangezogen werden kann. Bei ausgesprochenen Hilfstätigkeiten soll der identischen Eingruppierung ein ausreichender Indizwert zukommen. Umgekehrt steht bei identischem Aufgabenbereich eine unterschiedliche Vergütung der Vergleichbarkeit nicht entgegen. Eine Vergleichbarkeit über mehrere Entgeltgruppen hinweg besteht i.d.R. nicht. Bei einer betriebsbedingten Kündigung im öffentlichen Dienst beschränkt sich die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG grundsätzlich auf die Arbeitnehmer derselben Vergütungsgruppe. Nur diese sind miteinander vergleichbar.
Rz. 136
Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen braucht der Arbeitgeber nicht durchzuführen. Eine Austauschbarkeit ist nur anzunehmen, wenn aufgrund der fachlichen Qualifikation des unmittelbar betroffenen Arbeitnehmers aufgrund der Art des Arbeitsplatzes eine alsbaldige personelle Einsetzbarkeit nach einer relativ kurzen Einarbeitungszeit gegeben ist. Der Arbeitnehmer muss nach einer Einarbeitungszeit wirtschaftlich sinnvoll einsetzbar sein. Dabei hat der Arbeitgeber einen Beurteilungsspielraum. Das BAG sieht zu Recht bereits eine dreimonatige Einarbeitungszeit als zu lang an. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer nicht umschulen, damit dieser aufgrund der Schulung in einer sozial besser gestellten Position eingestellt werden kann.
b) Arbeitsvertrag
Rz. 137
An der Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber den kündigungsbedrohten Arbeitnehmer nicht einseitig ohne Änderung des Arbeitsvertrages oder Ausspruch einer Änderungskündigung auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann. ...