1. Anspruch auf Entfernung unberechtigter Abmahnungen aus der Personalakte
Rz. 277
Nach st. Rspr. des BAG kann der Arbeitnehmer darauf klagen, dass eine zu Unrecht erteilte Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Verbleib der objektiv zu Unrecht erteilten Abmahnung konkrete Beeinträchtigungen für das berufliche Fortkommen erwarten lässt. Die Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung kann der Arbeitnehmer dagegen nur verlangen, wenn das gerügte Verhalten für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht bedeutungslos geworden ist.
Rz. 278
Formulierungsbeispiel
Es wird beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, das Abmahnungsschreiben vom (…) aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
Rz. 279
Auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte. Für den Beseitigungsanspruch ist kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich. Ferner ist anerkannt, dass Abmahnungen sowohl isoliert, als auch erst im Kündigungsrechtsstreit, gerichtlich überprüft werden können. Eine Klagfrist existiert nicht. Der Entfernungsanspruch unterliegt nicht einer tariflichen Ausschlussfrist. Er kann allerdings nach den allgemeinen Regeln verwirken.
Rz. 280
Auch eine unwirksame Kündigung kann die Funktion einer Abmahnung erfüllen. Dies gilt auch für eine einvernehmlich zurückgenommene Kündigung mit feststehendem Sachverhalt. Auch ein später nicht weiter durchgeführtes Beschlussverfahren auf Zustimmungsersetzung wegen häufiger Pflichtverletzung des betreffenden Arbeitnehmers nach § 103 Abs. 1 BetrVG kann Abmahnungsfunktion haben.
2. Widerrufsanspruch
Rz. 281
Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer bei einem objektiv rechtswidrigen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht analog §§ 242, 1004 BGB einen Anspruch auf Widerruf bzw. Beseitigung der Beeinträchtigung durch die Abmahnung. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird durch unrichtige oder abwertende, sein berufliches Fortkommen betreffende Tatsachenbehauptungen bzw. Äußerungen beeinträchtigt. Der Arbeitnehmer kann deshalb Rücknahme einer unberechtigten missbilligenden Äußerung – in Form von Rügen, Ermahnung, Verwarnung oder Abmahnung –, die zur Personalakte genommen worden sind, verlangen, wenn sie nach Form und Inhalt geeignet ist, ihn in seiner Rechtsstellung zu beeinträchtigen. Auch nach Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte ist der Arbeitnehmer nicht gehindert, einen Anspruch auf Widerruf der in der Abmahnung abgegebenen Erklärung gerichtlich geltend zu machen. Voraussetzung dafür ist das Andauern einer Rechtsverletzung.
Rz. 282
Formulierungsbeispiel
“Es wird beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Behauptungen in der Abmahnung vom (…) zu widerrufen.“
3. Recht auf Gegendarstellung
Rz. 283
Nach § 83 Abs. 2 BetrVG bzw. der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bzw. nach tariflichen Bestimmungen (z.B. § 3 Abs. 6 S. 4 TV-L) besteht das Recht, eine Gegendarstellung zum Abmahnungssachverhalt in die Personalakte aufnehmen zu lassen. Der Arbeitgeber muss die Gegendarstellung unmittelbar im Anschluss an die Abmahnung in die Personalakte heften und dort zumindest so lange aufbewahren wie auch die Abmahnung aufbewahrt wird. Außerdem steht dem Arbeitnehmer in Betrieben mit Betriebsrat das Beschwerderecht nach §§ 84 Abs. 1 S. 1, 85 Abs. 1 BetrVG zu.