I. Überblick
Rz. 284
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist, § 2 S. 1 KSchG. § 2 KSchG soll den Arbeitnehmer vor einseitigen Veränderungen des Arbeitsvertragsinhalts schützen. Die Änderungskündigung ist ein zusammengesetztes Rechtsgeschäft aus Kündigung und – i.d.R. gleichzeitigem – Vertragsangebot des Arbeitgebers. Auf die Änderungskündigung sind alle für Kündigungen anwendbaren Regelungen – auch einzelvertragliche und tarifliche – anzuwenden (zur Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 und ggf. nach § 99 BetrVG vgl. § 12 Rdn 3 ff. und 29 ff.). Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB erstreckt sich bei einer Änderungskündigung auch auf das Änderungsangebot. Zur Eindeutigkeit der Änderungskündigung gehört auch die genaue Bezeichnung der neuen Arbeitsbedingungen. Fehlt es daran, ist die Änderungskündigung unwirksam (Formulierungsbeispiel vgl. § 1 Rdn 14). An der erforderlichen Bestimmtheit des Angebots fehlt es, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zwei Änderungsangebote unterbreitet und ihm die Wahl überlässt oder er unterschiedliche Änderungen der Arbeitsbedingungen zeitgleich durch mehrere Änderungskündigungen durchzusetzen versucht. Außerdem ist das Angebot nicht bestimmt genug, wenn das Änderungsangebot nicht zweifelsfrei klarstellt, ab wann die geänderten Arbeitsbedingungen greifen.
Rz. 285
Die ordentliche Änderungskündigung (zur – grundsätzlich zulässigen, aber in der Praxis seltenen – außerordentlichen Änderungskündigung vgl. § 2 Rdn 9) kann als betriebsbedingte, personen- oder verhaltensbedingte Kündigung erklärt werden. Die unter D. bis J. (siehe oben Rdn 17–283) behandelten Grundsätze gelten für die ordentliche Änderungskündigung entsprechend. Soweit der Arbeitgeber aufgrund des ihm zustehenden Direktionsrechts befugt ist, Änderungen der Arbeitsbedingungen vorzunehmen, bedarf es keiner Änderungskündigung. In diesem Fall verstößt eine gleichwohl ausgesprochene Änderungskündigung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach sich ziehen kann, gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und ist deshalb unwirksam (zum Vorrang der Änderungs- vor der Beendigungskündigung vgl. Rdn 51).
II. Annahme, Annahme unter Vorbehalt, Ablehnung
Rz. 286
Ist dem Arbeitnehmer eine ordentliche Änderungskündigung zugegangen, kann er das Änderungsangebot vorbehaltlos annehmen. Damit wird der Arbeitsvertragsinhalt zu dem im Kündigungsschreiben genannten Zeitpunkt wirksam geändert. Die Frist für die Annahme bestimmt sich nach § 147 Abs. 2 BGB, sofern der Arbeitgeber keine Frist für die vorbehaltlose Annahme des Änderungsangebots gesetzt hat.
Rz. 287
Der Arbeitnehmer kann – wozu ihm aus anwaltlicher Sicht praktisch immer zu raten ist – das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist. Dann ist der Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist verpflichtet, zunächst zu den geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten. Er muss den Vorbehalt dem Arbeitgeber gegenüber innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären. Setzt der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben eine kürzere Frist für die Annahme oder Ablehnung des Änderungsangebots, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Vielmehr wird die gesetzliche Annahmefrist des § 2 S. 2 KSchG in Lauf gesetzt. Eine verfristet erklärte Annahme unter Vorbehalt ist für den Arbeitgeber nicht bindend. Ferner muss der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Änderungskündigung Kündigungsschutzklage erheben.
Rz. 288
Formulierungsbeispiel
Annahme unter Vorbehalt, Schreiben des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber
Mit Schreiben vom (…) haben Sie mir zum (…) mit dem Angebot gekündigt, mich zu den dort genannten geänderten Bedingungen weiter zu beschäftigen. Ich nehme dieses Angebot unter dem Vorbehalt an, dass diese Änderung nicht sozial ungerechtfertigt ist.
Klagantrag
Es wird beantragt,
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom (…) zugegangen ...