Rz. 13
Wegen einer Schlechterfüllung der hauptsächlichen Vertragspflichten eines Rechtsberaters – der für die Rechtsberaterhaftung typischen Leistungsstörung – kommt ein Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz anstelle des Anspruchs auf die geschuldete fehlerfreie Vertragsleistung in Betracht, sofern über die Merkmale des § 280 Abs. 1 BGB hinaus auch die in § 281 BGB normierten Voraussetzungen erfüllt sind. Die Vorschrift ist auch auf die Schlechterfüllung von Hauptpflichten aus Dienst- und Geschäftsbesorgungsverträgen anwendbar.
Rz. 14
Die Abgrenzung dieses Anspruchs zu demjenigen aus § 280 Abs. 1 BGB ist im Schrifttum umstritten und in der Rechtsprechung zur Rechtsberaterhaftung bisher nicht geklärt. Im Hinblick auf den Inhalt der dem Rechtsberater obliegenden vertraglichen Hauptpflichten sowie den Zweck des § 281 BGB, solche Schäden zu erfassen, die bei Schlechtleistung noch durch Nacherfüllung hätten abgewendet werden können, findet § 281 BGB nur Anwendung, wenn noch kein Schaden entstanden war, als der Mandant Mängel der Leistung des Anwalts oder Steuerberaters kannte und sich für ihn die Frage stellte, ob eine Fristsetzung zur Nachholung einer mangelfreien Leistung geboten war. Nur in solchen Fällen kommt noch eine Nacherfüllung durch weiteres Tätigwerden des Beraters in Betracht. Da es zu dessen Grundpflichten gehört, darauf zu achten, dass der Auftraggeber keinen voraussehbaren und vermeidbaren Schaden erleidet (vgl. § 2 Rdn 129 ff.) scheidet eine vertragsgemäße Erfüllung aus, sobald infolge einer vom Berater zu vertretenden Pflichtverletzung bereits ein finanzieller Nachteil beim Mandanten eingetreten ist.
Beispiele
Der Anwalt vertritt den Mandanten in einem auf Zahlung einer Geldsumme gerichteten Zivilprozess. Der Mandant hat dem Anwalt brieflich Informationen erteilt, welche, sofern sie zutreffen, geeignet sind, den Klageanspruch abzuwehren. Der Anwalt berücksichtigt sie jedoch in seinem nächsten Schriftsatz nicht, weil er die Klage für unschlüssig hält. Das ist pflichtwidrig, weil er alle wesentlichen Argumente, die für seinen Mandanten günstig sind, in den Prozess einbringen muss. Beanstandet der Mandant das Versäumnis und fordert er anschließend den Anwalt erfolglos auf, den Prozessvortrag zu ergänzen, richtet sich der Schadensersatzanspruch nach § 281 BGB, wenn er daraufhin ein weiteres Tätigwerden des Anwalts ablehnt und den Vertrag kündigt; denn zu diesem Zeitpunkt ist noch kein Schaden entstanden.
Vertraut der Mandant dagegen den vom Anwalt geltend gemachten Gründen, gibt sich also mit dessen Leistung zufrieden, stellt sich nach Klageabweisung in erster Instanz dann aber heraus, dass der Prozess bei Verwertung der vom Mandanten erhaltenen Information hätte gewonnen werden müssen, ist bereits ein Schaden eingetreten, als der Mandant die Pflichtverletzung erkennt, und damit eine vertragsgemäße Erfüllung nicht mehr möglich. Anspruchsgrundlage des Schadensersatzanspruchs ist dann allein § 280 Abs. 1 BGB.
Rz. 15
Haftungsfälle, in denen für den Mandanten schon vor Eintritt eines Schadens ein pflichtwidriges Verhalten des Beraters hinreichend sichtbar wird, kommen erfahrungsgemäß verhältnismäßig selten vor. In aller Regel beginnt die Auseinandersetzung mit dem Anwalt oder Steuerberater erst dann, wenn ein für den Auftraggeber finanziell ungünstiges Ereignis eingetreten ist, das seiner Meinung nach der Berater zu vertreten hat. Die praktische Bedeutung von § 281 BGB ist daher in der Beraterhaftung als eher gering anzusehen.