Victoria Nordmann, Dr. Michael Nugel
Rz. 31
Das BGB stellt dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls verschiedene Anspruchsgrundlagen zur Verfügung. Zentrale Norm hierfür ist § 823 Abs. 1 BGB mit den Tatbestandsmerkmalen
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Rechtsgutverletzung, |
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Schadenseintritt, |
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haftungsbegründende Kausalität, |
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haftungsausfüllende Kausalität, |
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Rechtswidrigkeit, |
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Verschulden. |
Die Prüfung der Tatbestandsmerkmale bei Vorliegen eines Verkehrsunfalls bereiten in aller Regel keine Probleme. Von entscheidender Bedeutung ist nicht selten der Nachweis des Verschuldens. Ebenso wie im Bereich des StVG kommen auch nach dem BGB als Anspruchsverpflichtete Fahrer und Halter des betreffenden Kraftfahrzeugs in Betracht.
I. Fahrerhaftung nach BGB
Rz. 32
Von praktischer Bedeutung ist in erster Linie die Haftung des Fahrers als unmittelbarer Schadensverursacher. Der Fahrer haftet nach allgemeinen deliktischen Grundsätzen gegenüber jedem, der durch sein Fehlverhalten einen Schaden erleidet.
Rz. 33
Wird der Versicherungsnehmer als Beifahrer in seinem eigenen Fahrzeug verletzt, begründet dies u.U. Ansprüche gegen den Fahrer aus § 823 BGB. Auch hierfür muss der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallfahrzeugs grundsätzlich Versicherungsschutz gewähren. Im Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer enthält Abschnitt A.1.5.6 AKB 2015 jedoch insoweit eine wesentliche Einschränkung. Danach sind vom Versicherungsschutz Haftpflichtansprüche des Versicherungsnehmers gegen mitversicherte Personen wegen Sachschäden oder Vermögensschäden ausgenommen. Der Ausschluss umfasst aber keine Personenschäden.
Rz. 34
Muster 3.9: Versicherungsnehmer im eigenen Fahrzeug als Beifahrer
Muster 3.9: Versicherungsnehmer im eigenen Fahrzeug als Beifahrer
_________________________ Versicherung AG
_________________________
_________________________
Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________
Schaden vom _________________________
Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir vertreten die Interessen Ihres Versicherungsnehmers _________________________ aus _________________________. Eine Kopie der auf uns lautenden Vollmacht fügen wir in der Anlage bei.
Unser Mandant erlitt als Beifahrer in seinem bei Ihnen versicherten Fahrzeug einen erheblichen Personenschaden. Verursacht und verschuldet wurde der Schaden von Herrn _________________________ aus _________________________ als berechtigtem Fahrer des Fahrzeugs. Der Schaden ereignete sich wie folgt:
_________________________
Nach alledem haftet Herr _________________________ unserem Mandanten gem. den § 18 StVG, §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB auf Schmerzensgeld. Gem. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG sind Sie für das Fehlverhalten des Herrn _________________________ in vollem Umfang eintrittspflichtig. Ihrer Eintrittspflicht stehen auch keine Ausschlusstatbestände nach den AKB entgegen. Gem. Abschnitt A.1.5.6 AKB 2015 sind vom Versicherungsschutz lediglich Haftpflichtansprüche des Versicherungsnehmers gegen mitversicherte Personen wegen Sach- oder Vermögensschäden ausgenommen. Personenschäden werden vom Haftungsausschluss im Verhältnis des Versicherungsnehmers zu mitversicherten Personen des Versicherungsvertrags somit gerade nicht ausgeschlossen.
Danach bitte ich höflich um zeitnahe Bestätigung Ihrer uneingeschränkten Eintrittspflicht.
Mit freundlichen Grüßen
(Rechtsanwalt)
Rz. 35
Nach der Gesetzesänderung zum 1.8.2002 besteht nunmehr auch eine verschuldensunabhängige Haftung des Fahrzeugführers auf die Zahlung von Schmerzensgeld gem. § 18 StVG, § 253 Abs. 2 BGB. Daneben besteht aufgrund des Verschuldens bei der Unfallverursachung auch eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB, u.U. auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB.
Dieser Anspruch wird bei sog. Gefälligkeitsfahrten i.d.R. auch nicht durch eine konkludente Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung ausgeschlossen. Zwar hält die Rechtsprechung grundsätzlich bei Gefälligkeitsverhältnissen eine stillschweigend vereinbarte Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für möglich. Bei dem (von Gesetzes wegen vorgeschriebenen) Bestehen einer Kfz-Haftpflichtversicherung wird jedoch davon ausgegangen, dass aus Sicht der Beteiligten keine Notwendigkeit für einen solchen Haftungsausschluss besteht.
Rz. 36
Aufgrund der potentiellen Anspruchsvielfalt können sich aus der Übernahme verkehrsrechtlicher Mandate Interessenkollisionen für den Rechtsanwalt ergeben Es sollte mithin niemals neben dem Fahrer (bzw. ggf. auch Halter) auch ein Fahrzeuginsasse vertreten werden, da es sich hierbei aufgrund der gegensätzlichen Interessen beider Mandanten um einen Parteiverrat i.S.d. § 356 StGB handelt – es sei denn, es wird die Vollmacht für die Vertretung derart begrenzt, dass Ansprüche gegen die Seite des eigenen Fahrers/Halters und der hinter ihnen stehenden Haftpflichtversicherung ausgeschlossen sind.
II. Geschäftsherrenhaftung gem. § 831 BGB
Rz. 37
§ 831 BGB enthält einen deliktischen Anspruchstatbestand, der zu einer wesentlichen Beweiserleichterung für den Geschädigten führt. Dennoch wird der Tatbestand häufig übersehen.
Gem. § 831 Abs...