Rz. 123

Nur Arbeitnehmer haben Anspruch auf Insolvenzgeld. Hierzu zählen nach § 7 Abs. 2 SGB IV auch Auszubildende. Der Streit über die Frage, ob in diesem Zusammenhang vom arbeitsrechtlichen oder arbeitsförderungsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers auszugehen ist, dürfte mit dem Inkrafttreten des SGB III an Bedeutung verloren haben. Es ist zu empfehlen, der Rechtsprechung zu folgen, die im Insolvenzgeldrecht den Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsförderungsrechts zugrunde legt.[92]

 

Rz. 124

§ 7 SGB IV bestimmt nur sehr lückenhaft, dass Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis ist, d.h. ein Beschäftigter übt eine nichtselbstständige Arbeit aus, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Das bedeutet, dass jeder, der sich in einem Arbeitsverhältnis befindet, ein Beschäftigter ist, es aber auch Beschäftigte außerhalb von Arbeitsverhältnissen gibt.

 

Rz. 125

Gleichzeitig heißt dies aber auch, dass z.B. Selbstständige keinen Anspruch auf Insolvenzgeld besitzen.

 

Rz. 126

Wird die Einstufung einer Person als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer oder selbstständig Tätiger im Allgemeinen keine großen Schwierigkeiten bereiten, gibt es doch Gruppen, bei denen die Qualifizierung ihres Status problematisch sein kann. Hierzu gehören u.a. geschäftsführende GmbH-Gesellschafter, Familienangehörige und Scheinselbstständige.

[92] BSG v. 29.7.1982, SozR 4100 § 141b Nr. 24; BSG v. 23.9.1982, SozR 2100 § 7 Nr. 7; BSG v. 22.4.1987, SozR 4100 § 141a Nr. 8.

a) Der geschäftsführende GmbH-Gesellschafter

 

Rz. 127

Bei der Beurteilung der Abhängigkeit oder Selbstständigkeit eines mitarbeitenden Gesellschafters einer GmbH stellt das Ausmaß der Teilhabe am Stammkapitel (wenn dies dem Stimmrechtsanteil entspricht) ein wesentliches Kriterium zur Beurteilung seiner Einflussmöglichkeiten auf die Geschicke der Gesellschafter dar. Daher steht der Alleingesellschafter einer GmbH, aber auch der Gesellschafter-Geschäftsführer, der über mindestens 50 % des Stammkapitals verfügt, zur Gesellschaft in keinem Beschäftigungsverhältnis, selbst wenn er für diese eine untergeordnete Tätigkeit nach Weisung verrichtet.[93] Im letzteren Fall nimmt die Rentenversicherung und ihr folgend die Rechtsprechung der Sozialgerichte eine Selbstständigkeit erst ab 50,01 % an.

 

Rz. 128

 

Hinweis

Verfügt der Gesellschafter über 50 % oder mehr des Stammkapitals, liegt ausnahmsweise eine abhängige Beschäftigung und keine selbstständige Tätigkeit vor, wenn er die Beteiligung nur treuhänderisch für einen Dritten mit allen Rechten und Pflichten wahrnimmt und auch tatsächlich wie ein Arbeitnehmer in die Gesellschaft eingegliedert ist.[94]

 

Rz. 129

 

Hinweis

Der starke, eine abhängige Beschäftigung ausschließende Einfluss des über mindestens 50 % des Stammkapitals verfügenden mitarbeitenden GmbH-Gesellschafters wird nicht dadurch berührt, dass ein weisungsbefugter Beirat errichtet wurde.[95]

 

Rz. 130

Bei einer Tätigkeit für eine GmbH kann es an einer versicherungspflichtigen Beschäftigung auch dann fehlen, wenn der Beschäftigte zwar nicht Geschäftsführer, aber neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist.[96]

 

Rz. 131

In diesem Zusammenhang hat das BSG darauf hingewiesen, dass die Art der Kontoführung ein geeignetes Abgrenzungskriterium der abhängigen Beschäftigung von der selbstständigen Tätigkeit sein kann. Gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht nämlich, wenn die Vergütung auf ein betriebliches Konto des Arbeitgebers fließt, über das auch der Beschäftigte verfügen kann, über das ihm aber rechtlich nicht die alleinige Verfügungsmacht zusteht.

 

Rz. 132

Auch ein Darlehen eines Mitarbeiters an den Arbeitgeber, das sich nicht auf den Fall der Not oder wirtschaftlichen Schwierigkeit der GmbH beschränkt, sondern ohne weitere Voraussetzungen fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses ist, ist für Arbeitsverhältnisse untypisch. Das gilt nicht für Darlehen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer zur Überwindung wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgebers beitragen will.[97]

 

Rz. 133

Ausnahmsweise muss nach einer Entscheidung des BSG vom 4.6.2009[98] eine Erwerbstätigkeit verneint werden, wenn der geschäftsführende Gesellschafter ausschließlich in Ausübung der Verwaltung seines Vermögens unentgeltlich tätig wird. Dem steht nicht entgegen, dass es sich um einen Alleingesellschafter handelt, der zudem alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist.

 

Rz. 134

Verfügt der Gesellschafter über weniger als 50 % des Stammkapitals, stellt dieser Umstand i.d.R. ein Indiz dafür dar, dass er als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer für die Gesellschaft tätig ist. Dieses Indiz kann aber durch besondere Umstände entkräftet werden, so dass auch bei einem unter 50 % liegenden Anteil ggf. Selbstständigkeit angenommen werden kann.[99] Allerdings wird der mitarbeitende Gesellschafter bei diesem Kapitalanteil i.d.R. an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung, die er nicht endgültig beeinflussen kann und durch die ihm Weisungen erteilt werden, gebu...

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