a) Allgemeines
Rz. 282
Nach § 324 Abs. 3 S. 1 SGB III muss der Arbeitnehmer Insolvenzgeld innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis (siehe Rdn 182 ff.) beantragen.
Rz. 283
Hinweis
Diese Antragsfrist gilt auch für Leistungsträger, auf die der Anspruch auf Insolvenzgeld gem. § 115 SGB X übergegangen ist.[210] Die Frist gilt allerdings nicht für die Einzugsstelle (Krankenkasse) hinsichtlich der Ansprüche auf rückständige Beiträge.
Rz. 284
Der Antrag kann formlos, d.h. auch mündlich oder telefonisch, gestellt werden. Es können auch Sammelanträge gestellt werden.
Rz. 285
Hinweis
Dritte bedürfen grundsätzlich zur Antragstellung einer Vollmacht, wenn sie für den Arbeitnehmer auftreten. Ein vollmachtloser Antrag nach § 180 BGB ist genehmigungsfähig.[211] Allerdings muss die Genehmigung des Berechtigten innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Monaten erfolgen.
Rz. 286
Der Antrag auf Insolvenzgeld ist auf dem amtlichen Antragsvordruck "Insg 1" zu stellen. Diesen Vordruck erhält man bei jeder Arbeitsagentur, aber auch über das Internet.[212] Der Antrag kann bei allen Sozialleistungsträgern in Deutschland, aber auch bei allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch bei den Amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland abgegeben werden.
Rz. 287
Praxistipp
Sinnvollerweise sollte der Antragsteller persönlich bei der Arbeitsagentur den Antrag einreichen und dabei möglichst das Aktenzeichen des Verfahrens beim Insolvenzgericht, seinen Arbeitsvertrag, ggf. das Kündigungsschreiben des Arbeitgebers und die letzten drei erhaltenen Lohnabrechnungen (Bescheinigungen) mitbringen. Auch etwaige Klageschriften und Urteile aus Arbeitsgerichtsverfahren sind von Bedeutung.
Rz. 288
Praxistipp
Für die Laufzeit des Verfahrens ist es vorteilhaft, wenn auch eine Insolvenzgeldbescheinigung vorgelegt wird. Diese Insolvenzgeldbescheinigung wird zwar im Allgemeinen von der Arbeitsagentur vom Insolvenzverwalter angefordert. Allerdings kann der Arbeitnehmer, um das Verfahren zu beschleunigen, mit dem Vordruck für die Insolvenzgeldbescheinigung, der bei jeder Agentur für Arbeit oder über das Internet erhältlich ist, selbst beim Insolvenzverwalter bzw. Arbeitgeber vorbeigehen und die Insolvenzgeldbescheinigung ausfüllen lassen, um sie dann seinem Antrag auf Insolvenzgeld beizufügen.
Rz. 289
Ist ein rückständiger Anspruch auf Arbeitsentgelt an einen Dritten übertragen worden oder hat dieser an dem Anspruch auf Arbeitsentgelt ein Pfandrecht erworben, kann das Insolvenzgeld auch für einen Dritten beantragt werden. Das Gleiche gilt, wenn ein Dritter nach Antragstellung durch den Arbeitnehmer dessen Anspruch auf Insolvenzgeld durch Übertragung oder Pfändung erworben hat. Die entsprechenden Vordrucke sind ebenfalls bei jeder Arbeitsagentur oder im Internet erhältlich.
Rz. 290
Die Arbeitsagentur entscheidet über den Antrag auf Insolvenzgeld durch schriftlichen Bescheid. Gegen diesen Bescheid kann Widerspruch erhoben werden, gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid Klage beim Sozialgericht.
Rz. 291
Hinweis
Widerspruch und Klage sind jeweils innerhalb eines Monats, nachdem die anzufechtende Entscheidung zugegangen ist, zu erheben. Dies kann zur Niederschrift der Behörde bzw. des Gerichts geschehen oder schriftlich.
b) Die Zwei-Monats-Frist
Rz. 292
Bei der Zwei-Monats-Frist handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist, so dass der Anspruch mit der Fristversäumnis erlischt. Die Frist beginnt am Tag nach dem Insolvenzereignis (siehe Rdn 182 ff.). Der Lauf der Frist ist unabhängig davon, ob die Arbeitnehmer von dem Insolvenzereignis Kenntnis hatten. Das gilt auch bei Weiterarbeit oder Arbeitsaufnahme eines Arbeitnehmers in unverschuldeter Unkenntnis des Abweisungsbeschlusses.[213]
Rz. 293
Praxistipp
Allerdings gilt nach § 324 Abs. 3 S. 2 SGB III bei unverschuldeter Versäumung der Frist eine Nachfrist (siehe Rdn 298 ff.).
Rz. 294
Die Frist berechnet sich nach § 26 SGB X i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 BGB. Der Insolvenztag zählt nicht mit.[214]
Rz. 295
Beispiel
Insolvenzeröffnung ist am 25.3., Fristende am 25.5. Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag, Sonntag oder Feiertag, endet die Frist nach § 26 Abs. 3 SGB X mit dem nächsten Wochentag.
Rz. 296
Nimmt die Agentur für Arbeit den Geschäftsführer einer in Insolvenz geratenen GmbH wegen verspäteter Insolvenzantragstellung auf Ersatz von ihr geleisteten Insolvenzgeldes aus § 826 BGB in Anspruch, so stellt sich der Einwand der Beklagten, Insolvenzgeld hätte auch bei rechtzeitiger Antragstellung gezahlt werden müssen, als qualifiziertes Bestreiten der Schadensentstehung dar, für welche die Agentur darlegungs- und beweispflichtig ist. Der Einwand ist nicht nach den Grundsätzen zu behandeln, die beim Vortrag einer Reserveursache oder eines rechtmäßigen Alternativverhaltens gelten.
Rz. 297
Ein wegen verspäteter Insolvenzantra...
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