Rz. 109

Durch die seit dem 1.4.2012 geltenden §§ 165 ff. SGB III, die die zum 1.1.1999 in Kraft getretenen §§ 183 ff. SGB III abgelöst haben, über das Insolvenzgeld wird für einen Drei-Monats-Zeitraum der Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers bei Insolvenz des Arbeitgebers geschützt. Bis zum 31.12.1998 galten die §§ 141a ff. AFG über das Konkurs­ausfallgeld.

 

Rz. 110

Die Leistungen der Insolvenzversicherung werden durch Umlagen der Arbeitgeber nach §§ 358 f. SGB III aufgebracht. Dieses Umlage-Verfahren ist nach der Auffassung des BSG weder verfassungs- noch gemeinschaftsrechtlich zu beanstanden.[77]

Diese Umlage wird von den Einzugsstellen zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag eingezogen und arbeitstäglich an die Bundesagentur für Arbeit weitergeleitet. Die Höhe der Umlage betrug 2012 0,04 % des Arbeitsentgelts, nach dem die Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung bemessen werden bzw. (z.B. bei Versicherungsfreiheit) zu bemessen wären. Ab 2013 ist die Höhe auf 0,15 verstetigt, in den Folgejahren allerdings herabgesetzt worden. Die Insolvenzgeldumlage wurde aufgrund günstiger Rücklagen zuletzt zum 1.1.2018 von 0,09 Prozent auf 0,06 Prozent reduziert. Zum 1.1.2019 soll der Umlagesatz unverändert bleiben (Entwurf der Insolvenzgeldumlagesatzverordnung 2019). Er beträgt dann weiterhin 0,06 Prozent des rentenversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts.Ab 2013 ist die Höhe auf 0,15 % "verstetigt" worden. Das ­Arbeitsentgelt ist daher auf die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung begrenzt. Die Umlagebeträge sind im Beitragsnachweisdatensatz unter dem Beitragsgruppenschlüssel 0050 anzugeben.

 

Rz. 111

Für die Umlage ist die Größe, Branche und Ertragslage des Betriebes unmaßgeblich. Die Umlage zählt nicht zu den erstattungsfähigen Aufwendungen i.S.d. § 1 AAG.

 

Rz. 112

Umlagepflichtig sind alle Arbeitgeber mit Ausnahme der Arbeitgeber der öffentlichen Hand sowie private Haushalte. Die Befreiung von der Umlagepflicht betrifft aber nur private Personen, die eine Person für haushaltsnahe Dienstleistungen eingestellt haben, nicht dagegen z.B. durch Dienstleistungsagenturen oder Wohnungseigentümergemeinschaften begründete Beschäftigungsverhältnisse. Auch diplomatische/konsularische Vertretungen ausländischer Staaten in der Bundesrepublik sind nicht umlagepflichtig. Bei Fortführung eines Betriebes durch den Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Betrieb ebenfalls nicht (mehr) zur Um­lage herangezogen werden.[78] Allerdings hat das BSG in seiner Entscheidung vom 23.10.2014 dargelegt, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Beschäftigung eines Hausmeisters zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht verpflichtet wird, für das aus diesem Arbeitsverhältnis gezahlte Arbeitsentgelt eine Insolvenzgeldumlage zu erbringen, weil ein Insolvenzverfahren über deren Verwaltungsvermögen (§ 10 Abs. 7 WEG) kraft gesetzlicher Anordnung in § 11 Abs. 3 WEG nicht stattfinde und daher auch Ansprüche ihrer Arbeitnehmer auf Insolvenzgeld ausschieden.[79] Das Sozialgericht Gelsenkirchen hat am 14.11.2017[80] entschieden, dass eine Ratsfraktion nicht zur Insolvenzgeldumlage herangezogen werden kann.

 

Rz. 113

Die Umlagepflicht ergibt sich aus dem Gesetz und ist nicht von einem feststellenden Verwaltungsakt abhängig. In Zweifelsfällen treffen die Einzugsstellen (Krankenkassen) die Entscheidung über die Umlagepflicht der Arbeitgeber.

 

Rz. 114

Das Insolvenzgeld ist eine steuerfreie Sozialleistung der Bundesagentur für Arbeit (§§ 19 Abs. 1 Nr. 4 SGB I, 3 EStG), die dem Progressionsvorbehalt des § 32b EStG unterliegt. Insolvenzgeld wird nicht mehr unbegrenzt in Höhe des Nettoentgelts, sondern seit dem 1.1.2004 nur noch in Höhe des um die gesetzlichen Abzüge verminderten Bruttoentgelts (Nettoentgelt) begrenzt durch die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (20184: 56.595000 EUR monatlich in den alten und 5.8000 EUR monatlich in den neuen Bundesländern) gezahlt, §§ 167 Abs. 1, 341 Abs. 4 SGB III.

 

Rz. 115

Insolvenzgeld wird in vollem Umfang auf zeitgleich gezahltes Arbeitslosengeld II angerechnet, weil es sich nicht um eine zweckbestimmte Leistung gem. § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II handelt.[81] Denn mit der Gewährung der Leistung wird den Leistungsempfängern ein bestimmter "Verwendungszweck" nicht auferlegt. Der Leistungsberechtigte des Insolvenzgeldes ist vielmehr in der Verwendung dieser Leistung frei.

 

Rz. 116

Innerhalb der Europäischen Union sind insolvenzrechtliche Entscheidungen eines Mitgliedsstaates in jedem anderem Mitgliedsstaat anzuerkennen.[82] Allerdings werden nach der Insolvenzverordnung Ansprüche der Arbeitnehmer auf Schutz bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers dem Grunde nach nicht geregelt.[83] Jedoch ist durch die EG-Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.10.2008 (früher: EWG Richtlinie 987/80 v. 20.10.1980) über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers[84] jeder Mitgliedss...

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