Rz. 43
Gehört ausnahmsweise ein Unternehmen zum Nachlass, so ist für dessen Bewertung der Fortführungswert maßgeblich, soweit eine positive Fortführungsprognose besteht, d.h. gemäß § 19 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 InsO, wenn seine Fortführung in den nächsten 12 Monaten überwiegend wahrscheinlich ist.
Rz. 44
Hinweis
War das nachlasszugehörige Unternehmen bis zuletzt inhabergeführt, bringt der Erbfall das Unternehmen häufig selbst in eine existenzbedrohliche Lage. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Tod überraschend kam und das Unternehmen unvorbereitet traf. Schließlich bringt der Tod des Inhabers nicht nur regelmäßig den Verlust von viel Know-how und Erfahrung mit sich. Typischerweise hängen auch wichtige Beziehungen zu Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten unmittelbar von der Person des Inhabers ab. In solchen Fällen kann eine positive Fortführungsprognose nicht ohne weiteres unterstellt werden, auch dann nicht, wenn das Unternehmen als solches bis dato gesund und insbesondere nicht ursächlich für die betreffende Nachlassinsolvenz ist.
Rz. 45
In dem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass Nachlasspfleger bei möglicher Nachlassüberschuldung nicht befugt sind, ein zum Nachlass gehörendes Unternehmen fortzuführen. Dies folgt daraus, dass Nachlasspfleger – anders als Nachlassverwalter oder (vorläufige) Nachlassinsolvenzverwalter – Gläubigern gegenüber nicht verantwortlich sind und diesen daher auch für schuldhaft verursachte Vermögensschäden nicht persönlich haften. Ferner trifft Nachlasspfleger, anders als Erben und Nachlassverwalter, zufolge des BGH auch keine Insolvenzantragspflicht. Würde man den Betreffenden gleichwohl gestatten, trotz (möglicher) Insolvenzreife ein Unternehmen fortzuführen, bedeutete dies, den Betreffenden ein Wirtschaften in de facto haftungsbeschränkter Rechtsform ohne Haftung und ohne Insolvenzantragspflicht des geschäftsführenden Organs zu ermöglichen. Derartiges verstieße jedoch offensichtlich gegen grundlegende Prinzipien unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung. Aus diesem Grund ist die Fortführungsprognose – jedenfalls soweit es um die Frage des Vorliegens von Insolvenzgründen geht – in den genannten Fällen immer negativ. Für Zwecke dieser Prüfung sind daher in den genannten Fällen stets Zerschlagungswerte zugrunde zu legen. Letzteres gilt auch dann, wenn das Unternehmen durch einen Nachlassverwalter oder vorläufigen Insolvenzverwalter problemlos fortgeführt und saniert werden könnte, da für die Beurteilung der Frage, ob eine positive Fortführungsprognose besteht, im Kontext des § 19 InsO stets eine "Stand-alone"-Hypothese anzustellen ist.