Rz. 15
Formal berechtigt, einen Insolvenzantrag zu stellen, ist gemäß § 317 Abs. 1 InsO jeder Erbe, Miterbe, Nachlasspfleger, Nachlassverwalter, ein Testamentsvollstrecker und jeder Nachlassgläubiger. Wird der Antrag nicht von allen Erben gestellt, ist der Eröffnungsgrund vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 317 Abs. 2 InsO. Den nicht antragstellenden Erben ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Rz. 16
Testamentsvollstrecker sind nur dann antragsberechtigt, wenn ihnen – wie regelmäßig der Fall (§ 2205 BGB) – ein umfassendes Verwaltungsrecht zusteht. Zum Antrag eines Erben bei bestehender Testamentsvollstreckung ist der Testamentsvollstrecker zu hören, § 317 Abs. 3 InsO.
Rz. 17
Nachlassverwalter, Nachlasspfleger und Testamentsvollstrecker haben ihre Antragsberechtigung durch Vorlage der Bestallungsurkunde bzw. des Testamentsvollstreckerzeugnisses nachzuweisen. Bei Erben, Erbprätendenten oder Miterben genügt grundsätzlich die schlüssige Darlegung von Umständen, aus denen sich eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit eines Erbrechts des Antragstellers ergibt, z.B. die Vorlage eines entsprechenden Testamentes. Die Vorlage eines Erbscheins ist nicht zwingend erforderlich.
Rz. 18
Würde man dies anders sehen, widerspräche dies zum einen der Rechtsprechung des BGH zur Insolvenzantragspflicht von Erbprätendenten. Zum anderen stünde dies in Konflikt zur Wertung des § 316 Abs. 1 InsO, wonach die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat. Schließlich kann – mit Blick auf die Eilbedürftigkeit des Insolvenzantragsverfahrens – auch sinnvollerweise nicht verlangt werden, dass das Insolvenzgericht wie ein Prozessgericht in mitunter komplexe materielle Rechts- und Tatsachenprüfungen zur Frage der Erbfolge einsteigt.
Rz. 19
Dem Erben kann ausnahmsweise das erforderliche Rechtsschutzinteresse an der Durchführung eines Nachlassinsolvenzverfahrens fehlen. Zum einen ist an Fälle zu denken, in denen der Erbe sein Recht, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken, bereits – etwa aufgrund Errichtung eines vorsätzlich falschen Inventars – verloren hat, vgl. § 2013 BGB. Solche Fälle stehen der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zwar nicht entgegen, vgl. § 316 Abs. 1 InsO. Wird der Antrag nicht von einem Gläubiger, sondern vom unbeschränkt haftenden Erben selbst gestellt, ist das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers aber besonders festzustellen. Aufgrund der Unanwendbarkeit der §§ 1978 ff. BGB kann es sich in einem solchen Fall allein aus §§ 1976, 1977 BGB ergeben. Außerhalb von § 2013 BGB kann es an einem Rechtsschutzinteresse des Erben dann fehlen, wenn erkennbar nur eine einzige Verbindlichkeit existiert, derentwegen der Erbe die Durchführung des Nachlassinsolvenzverfahrens zum Zwecke der Haftungsbegrenzung begehrt, und es sich hierbei um eine Nachlasserbenschuld handelt, für die der Erbe so oder so auch mit seinem Eigenvermögen haftet.
Rz. 20
Gemäß § 316 Abs. 2 InsO besteht das Antragsrecht in Fällen von Erbengemeinschaft unabhängig davon, ob der Nachlass bereits i.S.v. §§ 2042 ff. BGB auseinandergesetzt ist oder nicht.
Rz. 21
§ 319 InsO statuiert für Nachlassgläubiger eine (Antrags-)Ausschlussfrist von zwei Jahren ab Annahme der Erbschaft. Mit Eintritt des Nacherbfalls beginnt ggf. eine neue Frist zu laufen. Für alle anderen Antragsberechtigten besteht keine zeitliche Befristung des Antragsrechtes.
Rz. 22
Nachlassgläubiger müssen nach allgemeinen Grundsätzen neben dem Insolvenzgrund auch das Bestehen ihrer Forderung glaubhaft machen sowie ein rechtliches Interesse an der Durchführung des Insolvenzverfahrens haben (vgl. § 14 InsO). Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung ergeben sich aus § 4 InsO i.V.m. § 294 ZPO.
Rz. 23
Dem Schuldner kommt im Rahmen der gem. § 14 Abs. 2 InsO zwingend vorgeschriebenen Anhörung das Recht zur Gegenglaubhaftmachung zu. In diesem Verfahrensstadium kann es zu einer dem Erkenntnisverfahren angenäherten quasi-streitigen Auseinandersetzung über den einwendungs- und einredefreien Bestand der Forderung kommen. Insoweit gilt der Beibringungsgrundsatz. Die Forderung des Gläubigers muss unverjährt und fällig sein. Bei nicht titulierten Forderungen ist eine geordnete und vollständige Darstellung des gesamten forderungsbegründenden Sachverhaltes erforderlich.
Rz. 24
Das rechtliche Interesse entfällt insbesondere, wenn dem Gläubiger mit hinreichender Gewissheit ein anderer, schnellerer und billigerer Weg zur Befriedigung zur Verfügung steht. Dies ist z.B. der Fall, wenn er in ausreichender Form an Vermögensgegenständen des Schuldners oder eines Dritten gesichert ist. Im Übrigen entfällt das rechtliche Interesse nicht notwendig dadurch, dass der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkbar haftet. In diesem Fall kann es unter Umständen zweckmäßig sein, durch die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens, an dem gemäß § 325 InsO nur die Nachlassgläubiger teilnehmen dürfen, die Erbeneigengläubiger von e...