Rz. 73
Nach § 1975 BGB stellt die Nachlassverwaltung eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger dar. Anders jedoch als eine Nachlasspflegschaft, die theoretisch – in auf das insolvenzfreie Vermögen begrenztem Umfang – während eines Nachlassinsolvenzverfahrens fortbestehen kann, endet eine Nachlassverwaltung gemäß § 1988 BGB zwingend mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens.
Rz. 74
Stellt der Nachlassverwalter im Verlauf der Nachlassverwaltung die materielle Insolvenzreife des Nachlasses fest und beantragt daraufhin unter Beachtung der §§ 1985 Abs. 2 S. 2, 1980 BGB die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, besteht nach dem Willen des historischen Gesetzgebers die Möglichkeit eines nahtlosen Übergangs der Nachlassverwaltung in ein eröffnetes Nachlassinsolvenzverfahren unter Beibehaltung der Person des bisherigen Verwalters als Insolvenzverwalter. Dadurch wird insbesondere die Einschaltung eines Sachverständigen oder eines vorläufigen Insolvenzverwalters obsolet.
Rz. 75
Der unmittelbare Übergang von der Nachlassverwaltung in ein eröffnetes Nachlassinsolvenzverfahren unter Beibehaltung des bisherigen Verwalters entspricht nicht nur der Gesetzessystematik sowie Effizienz- und Kostengesichtspunkten, sondern trägt auch dem Eilcharakter des Insolvenzantragsverfahrens bestmöglich Rechnung. Jedenfalls in Fällen, in denen es sich bei dem antragstellenden Nachlassverwalter um einen bei dem betreffenden Insolvenzgericht gelisteten oder bekannten Insolvenzverwalter handelt, sollte regelmäßig so vorgegangen werden. Hierbei ist auch zu beachten, dass es sich bei der Nachlassverwaltung rechtshistorisch betrachtet um eine Sonderform der (vorläufigen) Nachlassinsolvenzverwaltung handelt und die dogmatische Stellung des Nachlassverwalters viel mehr derjenigen eines "starken" vorläufigen Insolvenzverwalters entspricht als derjenigen eines Nachlasspflegers. Denn der Nachlassverwalter ist wie ein ("starker" vorläufiger) Insolvenzverwalter eine allen Beteiligten, somit auch den Nachlassgläubigern gegenüber verantwortliche Partei kraft Amtes und nicht wie der Nachlasspfleger bloßer gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben.
Rz. 76
Praxistipp
Bei einem Übergang von der Nachlassverwaltung in ein Nachlassinsolvenzverfahren sollten die Nachlass- und Insolvenzgerichte auf die Möglichkeit der Beibehaltung des Nachlassverwalters als Insolvenzverwalter hingewiesen werden, weil dies in der Praxis bislang wenig bekannt, aber unter Effizienz- und Kostengesichtspunkten richtig und daher letztlich auch geboten ist. Der Nachlassverwalter sollte die Frage, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und ggf. eine kostendeckende Insolvenzmasse gebildet werden kann, in seinem Insolvenzantrag genauso ausführlich und in der gleichen gutachterlichen Form darlegen, wie er dies als speziell vom Insolvenzgericht beauftragter Gutachter auch zu tun hätte. Dann besteht für das Insolvenzgericht in aller Regel kein Grund, zur Klärung dieser für die Eröffnungsentscheidung relevanten Fragen ein gesondertes Sachverständigengutachten bei einem Dritten in Auftrag zu geben. Entsprechend sollten Insolvenzgerichte nur dann verfahren, wenn ausnahmsweise konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die an der Richtigkeit der Angaben des Nachlassverwalters oder an seiner Eignung bzw. Zuverlässigkeit für das Amt des Insolvenzverwalters im konkreten Fall zweifeln lassen.