Rz. 7
Der Inhalt des Anwaltsvertrages ergibt sich aus der konkret getroffenen inhaltlichen Vereinbarung, was gemäß §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln ist. Ist der Mandant rechtsschutzversichert, kommt der Anwaltsvertrag unter der aufschiebenden Bedingung einer Deckungszusage zustande. Mandate haben regelmäßig durch Zielsetzung bestimmte Grenzen. Eine Prozessvollmacht kann mit Außenwirkung gemäß den §§ 81, 83 ZPO im Anwaltsprozess nicht beschränkt werden. Im Rahmen des ihm erteilten Mandats hat der Rechtsanwalt den Mandanten gemäß § 11 Abs. 1 BORA über alle für den Fortgang der Sache wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten.
Rz. 8
Den Anwalt trifft die Pflicht, das angestrebte Ziel und den maßgeblichen Sachverhalt, zu dem auch bereits erhobene oder noch mögliche Einwände des Gegners gehören, zu klären. Im Rahmen der Sachaufklärungspflicht wie bei den sonstigen Grundpflichten des Anwalts sind die Grenzen zu beachten, die Auftragsgegenstand und Mandatsumfang ziehen. Es gibt keine allgemeine Ermittlungspflicht des Anwalts, es besteht nur eine solche, falls sich diese nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängt. Im Grundsatz kann der Rechtsanwalt auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben des Mandanten vertrauen. In jedem Fall muss der Anwalt die verfügbaren schriftlichen Unterlagen zur Kenntnis nehmen und genau studieren, wenn er sich keiner Pflichtverletzung schuldig machen will. Im Zweifel ist der Anwalt gehalten, beim Mandanten nachzufragen. In diesem Zusammenhang wird von einer Wechselwirkung zwischen der Informationsbeschaffungspflicht des Anwalts und der Informationsverschaffungspflicht des Mandanten gesprochen. Letzterer hat alle Umstände tatsächlicher Art zu offenbaren und alle einschlägigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Nur ausnahmsweise ist der Rechtsanwalt gehalten, den Sachverhalt zu ermitteln – dies gilt jedenfalls dann, wenn der Rechtsanwalt allein oder jedenfalls besser und leichter als der Mandant bestimmte Unterlagen beschaffen oder Einsicht nehmen kann, wobei er dies allerdings nicht an sein Büropersonal delegieren kann. Grundsätzlich kann sich der Rechtsanwalt aber auf die Vollständigkeit der tatsächlichen Informationen seines Auftraggebers verlassen.
Rz. 9
Der Rechtsanwalt schuldet mandatsbezogene Rechtskenntnisse, die sich der Anwalt auch gerade erst erworben haben kann. Wenn der Anwalt die Haftung für die Erfassung ausländischen Rechtes vermeiden will, ist es ratsam, den Mandaten darauf hinzuweisen, dass er die fremde Gesetzesmaterie nicht beherrsche und daher vorschlägt, den Rat eines Fachkundigen, etwa den Anwalt des betreffenden Landes einzuholen. Zur sorgfältigen rechtlichen Bearbeitung des Auftrages gehört nicht nur die Kenntnis der Gesetze, sondern gefordert wird auch vom Anwalt die Kenntnis der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Zur Kenntnisverschaffung ist dem Rechtsanwalt eine angemessene Zeitspanne einzuräumen, ihm ist hierfür ein realistischer Toleranzrahmen zuzubilligen. Zur Benutzung juristischer Datenbanken ist der Rechtsanwalt nicht verpflichtet. Die präzise Ermittlung des Sachverhaltes muss für den Rechtsanwalt im Vordergrund stehen. Zu den anwaltlichen Pflichten gehört auch, dass der Rechtsanwalt versuchen muss, das Gericht von seiner Rechtsansicht zu überzeugen. Hierzu gehören notwendige Rechtsausführungen, um das "Rechtsdickicht" zu lichten. Steht Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes im Raum, muss der Rechtsanwalt einen Spezialisten hinzuziehen. Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht hat der Fachanwalt seine Leistung nach einem erheblich über den Sorgfaltsanforderungen an einen Allgemeinanwalt liegenden Pflichtenmaßstab zu erbringen.
Rz. 10
Eng mit der rechtsanwaltlichen Beratungspflicht verbunden ist jedoch der Grundsatz, den der Rechtsanwalt bei der Vertragserfüllung in jeder Beziehung als Leitbild zu dienen hat: der Grundsatz des sichersten Weges. Die Schöpfung des Reichsgerichts ist inzwischen so selbstverständlich, dass er in der neueren Rechtsprechung kaum noch erläutert oder ausgeführt wird. Diese Anforderungen umschreibt der BGH wie folgt: "Der Rechtsanwalt muss sein Verhalten so einrichten, dass er Schädigungen seines Auftraggebers, mag deren Möglichkeit auch nur von einem Rechtsunkundigen vorausgesehen werden, vermeidet. Er hat, wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, diejenige zu treffen, die die sicherste und gefahrloseste ist und, wenn mehrere Wege möglich sind, um den erstrebten Erfolg zu erreichen, den zu wählen, auf dem dieser am sichersten zu erreichen ist. Dies ist seit jeher die Grundlage des anwaltlichen Haftungstatbestandes und wurde in § 1 Abs. 3 BORA entsprechend umgesetzt: der Rechtsanwalt hat als unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten seiner Mandanten vor Rechtsverlusten zu schützen, rechtsgestaltend, konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten, vor Fehlentsche...