1. Rechtsnatur des Anwaltsvertrages
Rz. 3
Der Rechtsberatungsvertrag nach § 3 Abs. 1 BRAO ist seiner Rechtsnatur nach ein Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB, der auf die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen gerichtet ist. Dies schließt die Wahrnehmung der steuerlichen Interessen mit ein, da nach § 3 BRAO im Grundsatz die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen die steuerrechtlichen mit einschließt. Nicht geschuldet ist freilich, sofern nicht im Einzelfall eine andere Vereinbarung besteht, die Wahrnehmung wirtschaftlicher Interessen. Der Geschäftsbesorgungsvertrag ist im Kern ein Dienstvertrag nach § 611 BGB, nur in Ausnahmefällen – beispielsweise die Anfertigung eines Gutachtens – wird ein konkreter Erfolg und damit ein Werkvertrag nach § 631 BGB begründet. Die Unterscheidung zwischen anwaltlichem Dienst- oder Werkvertrag ist in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Beim Werkvertrag stehen dem Besteller, anders als beim Dienstvertrag, zunächst verschuldensabhängige Mängelansprüche zu. In erster Linie ist der Rechtsanwalt in diesen Fällen gemäß § 635 Abs. 1 BGB zur Nacherfüllung, also zur Nachbesserung oder Neuherstellung seines Werkes verpflichtet, solange die Mängelbeseitigung nicht unmöglich oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist. Auch kann der Mandant bei einem Werkvertrag den Anwalt von der Mängelbeseitigung ausschließen und gemäß den § 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB sich selbst um die Mängelbeseitigung kümmern und die Kosten vom Anwalt verlangen, wenn das hergestellte Werk mangelhaft ist, sofern dem Anwalt gemäß § 637 Abs. 1 BGB erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt wurde. Der Dienstvertrag kennt keine Minderungsrechte, beim Werkvertrag ist der Weg der Minderung nach §§ 634 Nr. 3, 638 BGB eröffnet. Für anwaltliche Werkverträge ebenso wie für anwaltliche Dienstverträge finden die allgemeinen Regelungen des Leistungsstörungsrechts gemäß den §§ 280, 281 BGB Anwendung. Immer wichtiger wird freilich die Anerkennung des Anwaltsvertrages als Verbrauchervertrag i.S.d. § 310 BGB: Der Mandant ist Verbraucher, wenn er den Anwaltsvertrag zu einem Zweck abschließt, der weder seiner gewerblichen noch seinem selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Der Anwaltsvertrag kann sogar als Fernabsatzgeschäft qualifiziert werden, der bei Nichtbeachtung Schadensersatzpflichten und insbesondere ein Widerspruchsrecht nach § 312g i.V.m. § 355 BGB auslöst und dazu führen kann, dass der Rechtsanwalt trotz erbrachter Leistungen keinen Anspruch auf Vergütung hat (§ 357 Abs. 8 BGB).
2. Rechtsbindungswille
Rz. 4
Abzugrenzen ist der Anwaltsvertrag von einem Gefälligkeitsverhältnis. Breiten Raum bei der anwaltlichen Haftung nimmt dabei die Haftung wegen fehlerhafter Auskünfte ein. Es wird insbesondere bei einem telefonischen Rat eine Pflichtverletzung gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB angenommen, wenn der Rat fehlerhaft war, da ein Rechtsbindungswillen angenommen wird.
3. Zustandekommen des Anwaltsvertrages
Rz. 5
Für das Zustandekommen des Vertrages zwischen einem Mandanten und einem Rechtsanwalt gelten die §§ 145 ff. BGB. Ein Formzwang besteht nicht. Die Annahme des Mandats steht grundsätzlich im Ermessen des Rechtsanwalts, da es mit Ausnahme der gesetzlichen Pflichtmandate (dazu § 48 BRAO und § 141 StPO) einen Kontrahierungszwang mit Rücksicht auf das zwischen Anwalt und Mandant erforderliche Vertrauensverhältnis nicht gibt.
4. Allgemeine Geschäftsbedingungen
Rz. 6
Vereinbarungen über Haftungsbeschränkung oder vorformulierte Honorarbedingungen sind regelmäßig allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 BGB. Bei einem mündlichen Vertragsschluss hat der Rechtsanwalt während des Gespräches ausdrücklich auf seine AGB hinzuweisen oder diese unterschreiben zu lassen, damit diese rechtswirksam einbezogen sind. Formularmäßige Vergütungsvereinbarungen unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB. Nicht zu beanstanden ist eine Regelung in einer Vergütungsvereinbarung, dass der Rechtsanwalt mindestens das Zweifache der gesetzlichen Regelung erhält. Eine 15-minütige Zeittaktklausel ist unzulässig. Ferner ist § 309 Nr. 7b BGB zu beachten, wonach eine Haftungsbeschränkung bei grobem Verschulden unwirksam sein kann. Gemäß § 52 BRAO kann jedoch der Anspruch des Auftraggebers aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis auf Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens auf dreierlei Weise beschränkt werden, nämlich
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durch schriftliche Vereinbarung im Einzelfall auch für grob fahrlässiges Verhalten bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme sowie |
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durch vorformulierte Vertragsbed... |