Rz. 145

Soll während der Zeit der Auslandstätigkeit das Arbeitsverhältnis zur deutschen Gesellschaft nicht vollumfänglich aufrechterhalten, sondern ein aktives Arbeitsverhältnis mit der ausländischen Gesellschaft eingegangen werden, wird i.d.R. zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein sog. Ruhensarbeitsvertrag abgeschlossen. Durch den Ruhensvertrag werden die vertraglichen Hauptpflichten, d.h. die Erbringung der Arbeitsleistung für den Arbeitnehmer sowie die Zahlung der dafür vorgesehenen Vergütung durch den Arbeitgeber zum Ruhen gebracht. In diesem Ruhensvertrag werden darüber hinaus üblicherweise alle Sondervereinbarungen festgeschrieben, die nicht direkt mit dem aktiven Arbeitsverhältnis der Auslandsgesellschaft im Zusammenhang stehen. Hierdurch wird vermieden, dass den lokalen Auslandsmitarbeitern der Eindruck vermittelt wird, dass der entsandte Mitarbeiter finanziell für die gleichen Tätigkeiten besser bezahlt wird als sie selbst. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass mit der Auslandsgesellschaft ein aktiver Arbeitsvertrag wie mit lokalen Angestellten abgeschlossen werden sollte.[66]

 

Rz. 146

In diesen Vertrag können und sollten auch solche Regelungen aufgenommen werden, die eine tatsächliche Zusatzleistung des deutschen Arbeitgebers vorsehen. Dies können sein:

zusätzliche Gehaltsbestandteile, wie Funktionszulage, Härteprämie, Teuerungszulage,
Wechselkursausgleichsklausel,
Zusatzurlaubsregelungen,
Reisekosten und Familienheimflüge,
Einrichtungszuschüsse, Umzugskosten, zusätzliche Wohnungskosten,
zusätzliche Versicherungsleistungen,
üblicherweise Sondervergütungen und Erfolgsbeteiligungen,
Schulgeldbeihilfen für mitreisende Kinder und Ähnliches.[67]
 

Rz. 147

Zudem ist darin zu regeln, wie die betriebliche Altersversorgung, sofern eine solche besteht, aufrechterhalten wird und ob die Zeit der Auslandstätigkeit als Betriebszugehörigkeitszeit beim deutschen Arbeitgeber angesehen wird. Hierbei ist insb. zu beachten, ob die Versorgungsordnung einen Verbleib des Arbeitnehmers auch bei ruhendem Arbeitsverhältnis zulässt. Oft ist dies nicht oder nur durch individualvertragliche Regelung zulässig.

[66] Gerauer/Gnann, S. 141.
[67] Ausführlich mit Klauseln hierzu s. Gerauer/Gnann, S. 143 ff.

a) Rückrufsrecht des Arbeitgebers

 

Rz. 148

Der deutsche Arbeitgeber wird sich in der Ruhensvereinbarung regelmäßig ein Rückrufrecht vorbehalten. Hierbei ist zu bedenken, dass der Rückruf durch den deutschen Arbeitgeber das bestehende ausländische aktive Arbeitsverhältnis beeinträchtigt. Ein Kündigungsrecht des deutschen Arbeitgebers bzgl. des ausländischen Arbeitsvertrags wird man hieraus nicht ableiten können. Eine Pflicht des Arbeitnehmers, dem Rückruf des deutschen Arbeitgebers Folge zu leisten, wird man nur dann annehmen können, wenn einvernehmlich zwischen allen drei Vertragsparteien im Vorhinein diesbezüglich Regelungen getroffen wurden. Dabei ist festzulegen, unter welchen Voraussetzungen das Rückrufrecht ausgeübt werden kann und unter welchen Voraussetzungen der ausländische Arbeitgeber verpflichtet ist, seine arbeitsvertraglichen Beziehungen mit dem Arbeitnehmer zu beenden. Je detaillierter diese Voraussetzungen niedergeschrieben werden, desto weniger Streit entsteht im Einzelfall.

 

Rz. 149

Dieses Vertragsdreieck wird in der Praxis dadurch gelöst, dass ein Intercompany-Vertrag zwischen dem ausländischen und deutschen Arbeitgeber geschlossen wird, in dem eine Klausel aufgenommen wird, die der Regelung über das Rückrufrecht des deutschen Arbeitgebers im Ruhensvertrag mit dem entsandten Arbeitnehmer entspricht.

Das Rückrufrecht des deutschen Arbeitgebers ist, sofern dies einseitig ausgesprochen werden kann und keiner vertraglichen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bedarf, als Direktionsrecht ausgestaltet. Bei einem so weitgehenden Direktionsrecht ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine umfassende Interessenabwägung gem. § 315 BGB vorzunehmen. Der Rückruf wird nur dann zulässig sein, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit einer Ankündigungsfrist von mindestens drei Monaten anweist, nach Deutschland zurückzukehren. Dem Arbeitnehmer wird hierdurch die Möglichkeit gegeben, sich auf die verändernden Lebensumstände, nämlich die Rückkehr nach Deutschland, einzustellen. Die Interessenabwägung des Arbeitgebers hat, sofern der Arbeitnehmer mit Familie ins Ausland übergesiedelt ist, auch die persönlichen und familiären Umstände zu berücksichtigen.

Im Fall eines Rückrufs aus betrieblichen Gründen wird der Arbeitgeber in jedem Fall verpflichtet sein, sämtliche Kosten der Rückkehr zu übernehmen. Soweit der Rückruf auf verhaltensbedingten Gründen des Arbeitnehmers beruht, kann auf die oben gemachten Ausführungen hinsichtlich der Rückzahlungsklauseln verwiesen werden.

b) Anrechnungsklausel für nach ausländischem Recht erhaltene Abfindungen

 

Rz. 150

Das in Deutschland bestehende Sozialversicherungssystem, insb. die Arbeitslosenversicherung, ist im Ausland nicht üblich. Teilweise sehen ausländische Rechtsordnungen vor, dass der Arbeitnehmer eine Art Abfindungs- oder Abfertigungszahlung bei Beendigung des Arbeitsverhältnis...

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