Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 18
Ob die Ausnahmen vom Auftragsrecht für Eheleute auch bei unverheirateten Paaren gelten, ist umstritten.
Das OLG Düsseldorf hat in Abänderung des untergerichtlichen Urteils entschieden, dass auch in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die gleichen Grundsätze wie für Eheleute anwendbar seien und deshalb kein Auftrag im Rechtssinne bestünde. Zumindest im konkreten Fall wurde der rechtsgeschäftliche Bindungswille verneint mit der Folge, dass keine Auskunftsrechte bestanden. Das Bestehen einer langen, intensiven Beziehung reicht zur Begründung hier aus:
Zitat
Zwischen der Beklagten und dem Erblasser bestand jedoch kein Auftragsverhältnis im Sinne des § 662 BGB. Aus diesem Grunde ist die Beklagte dem Kläger, der als Erbe mit dessen Tod in sämtliche Rechte und Pflichten eingetreten ist, nicht nach § 666 BGB zur Auskunft verpflichtet. Ein vertragliches Auftragsverhältnis bestand zwischen dem Erblasser und der Beklagten nicht. Denn dazu fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen der Beklagten. Entscheidend für die Frage, ob eine Kontovollmacht mit Rechtsbindungswillen erteilt wird, ist, ob anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, dass sich die Parteien rechtsgeschäftlich binden wollten. Insoweit ist zu berücksichtigen, ob die Erteilung einer Kontovollmacht aufgrund eines besonderen Vertrauens erfolgt. Im Rahmen eines solchen besonderen Vertrauensverhältnisses wird in der Regel keine Auskunft oder Rechenschaft verlangt. Der andere soll grundsätzlich nicht im Nachhinein dem einseitigen Risiko ausgesetzt werden, Ausgaben genauer anzugeben und zu belegen. Es müssen vielmehr objektive Kriterien hinzutreten, die den Rückschluss auf einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen zulassen. Diese sind vorliegend nicht ersichtlich.
Unstreitig war die Beklagte war die Beklagte über einen Zeitraum von ungefähr 20 Jahren die Lebensgefährtin des Erblassers. Darüber hinaus bestand (unbestritten) ein besonderes Vertrauensverhältnis. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser selbst wollte oder auch nur davon ausging, dass die Beklagte Rechenschaft ablegen muss und für die Gefahren einer fehlerhaften Kontoführung einzustehen hat, hat der Kläger nicht dargelegt.“
Rz. 19
Ob dieses Urteil auf alle nichtehelichen Gemeinschaften zu übertragen ist, erscheint mehr als fraglich, nachdem der BGH mit Nichtannahmebeschluss vom 26.6.2008 nochmals Folgendes klargestellt hat:
Zitat
"Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der zwischen Eheleuten ein Auftragsverhältnis im Sinne der §§ 662 ff. BGB selbst dann nicht besteht, wenn sie überein gekommen sind, während ihres Zusammenlebens die Aufgabenbereiche in der Weise zu regeln, dass einer von ihnen die Wirtschaftsführung allein übernimmt und die verfügbaren Mittel im Wesentlichen aus den Einkünften oder dem Vermögen des anderen Ehegatten zufließen (BGH NJW 2000, 3199; NJW 1986, 1870) ist auf Fallgestaltungen mit sonstigem familiären oder personalen Einschlag nicht übertragbar."
Das OLG Köln hat in einer jüngeren Entscheidung indes zu erkennen gegeben, dass es die strenge Linie des BGH nicht teilt, sondern – wie zuvor das OLG Düsseldorf – unverheirateten Paaren einen wirtschaftlichen Intimbereich, der keinen Dritten etwas angeht, zubilligen will.
Rz. 20
Nicht nur die "Wirtschaftsführung" im Ganzen, die typischerweise aufgrund einer Vorsorgevollmacht erfolgt, sondern schon die Erteilung einer Kontovollmacht hat wegen des ihr innewohnenden Missbrauchspotenzials eine so große wirtschaftliche Bedeutung, dass es einmal mehr verwundert, dass auch manche Obergerichte keinen Rechtsbindungswillen sehen wollen. Mit der "juristischen Krücke" des Gefälligkeitsverhältnisses wird durch die Hintertür doch eine Analogie zu der auftragsfreien Zone, die zwischen Eheleuten besteht, hergestellt. Obwohl der BGH einer Nivellierung der Unterschiede eine eindeutige Absage erteilt, darf man als Vertreter eines bevollmächtigten Lebensgefährten unter Berufung auf die OLG-Rechtsprechung die Grundsätze der Analogie zum ehelichen Wirtschaften herausarbeiten.
Rz. 21
Eine analoge Anwendung setzt vergleichbare Verhältnisse voraus, die bei unverheirateten Paaren nicht ohne weiteres vorliegen müssen. Die ehelichen Rechte und Pflichten gegenseitiger Unterstützung sind bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gerade nicht vorhanden, sondern müssen durch Vereinbarung hergestellt werden. Im Notfall ist der Vollmachtgeber darauf angewiesen, sich auf seinen Partner zu verlassen, was eher für einen Rechtsbindungswillen spricht. Dennoch ist auch das Schrifttum mit der Annahme eines Auftragsverhältnisses zurückhaltend. Ein Auftrag sei nur anzunehmen, wo die Leistung in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Lebensgemeinschaft steht, sondern vornehmlich dem Auftraggeber allein zugutekommt.
Rz. 22
Hinweis
Einem auskunftsunwilligen Lebensgefährten ist nicht gedient, wenn er behauptet, alle Verfügungen für den Partner seien selbstlos und ohne eigenes wirtschaftliches Interes...