Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 172
Auskünfte können dann nicht verlangt werden, wenn dies zwischen Bevollmächtigtem und Vollmachtgeber so vereinbart war oder der Vollmachtgeber einseitig auf sein Recht verzichtet hat. § 666 BGB ist grundsätzlich dispositiv.
Ob dem Vollmachtgeber ein solcher Verzicht "untergejubelt" wurde oder es ihm darum ging, vor der Nachwelt seinen persönlichen und wirtschaftlichen Lebenswandel zu verbergen, ist oft nicht mehr zu ermitteln.
Bei diesem gegenüber den Erben des Vollmachtgebers häufig erhobenen Einwand ist immer zu differenzieren.
1. Ausdrückliche Vereinbarung
Rz. 173
Beruft sich der Bevollmächtigte auf eine schriftliche Vereinbarung mit dem Vollmachtgeber, ist diese genau zu prüfen.
Handelt es sich um eine formularmäßig verwendete Klausel, wonach auf die Rechnungslegung verzichtet wird, kann diese wegen unangemessener Benachteiligung des Vollmachtgebers gem. § 307 BGB unwirksam sein.
Rz. 174
Für die Annahme einer vorformulierten Vertragsbedingung ist übrigens nicht erforderlich, dass ausgedruckte Formulare verwendet wurden. Es reicht schon aus, wenn ein in der EDV gespeicherter Text für eine mehrfache Verwendung vorgesehen ist. Bei notariellen Vorsorgevollmachten, die in den seltensten Fällen individuell ausgehandelt werden, ist dies relativ leicht nachzuweisen.
Rz. 175
Der Rechtsanwalt, der Anhaltspunkte dafür hat, dass dem Vollmachtgeber beim Notar eine Verzichtsklausel "untergeschoben" wurde, muss allerdings auch wissen, dass es noch keine eindeutige Rechtsprechung zu diesem speziellen Fall gibt.
Entschieden hat die Rechtsprechung aber schon den Fall einer sehr individuell formulierten Befreiung von Auskunftspflichten, die der wohlhabende Erblasser so niederlegte:
Zitat
"Die Vollmacht umfasst auch die Aufgaben und gesellschaftlichen Verpflichtungen meiner privaten Repräsentation (…) über den geschäftlichen Bereich hinaus, so dass insoweit die Wahrnehmung durch Frau P vorrangig ist. Die Bevollmächtigte ist außer mir höchstpersönlich niemanden gegenüber Rechenschaft schuldig, und zwar gilt dies für Handlungen in meinem Namen und meinem Auftrag, für ihre eigenen freiwilligen Leistungen und meine eigenen Aufwendungen (…) und Geschenke, gleich welcher Größenordnung für die Vergangenheit und die Zukunft. Ich bestätige dies als meinen ausdrücklichen Willen, der von meinen Erben zu respektieren ist."
Rz. 176
Anders als die Erben respektierte der BGH, dass die so bevollmächtigte Lebensgefährtin des Erblassers in acht Monaten über ca. 550.000 EUR aus dem Vermögen des Erblassers verfügt hatte, ohne sich hierüber erklären zu müssen. Der BGH hielt die Befreiung für wirksam, auch vor dem Hintergrund, dass der Erblasser zu Lebzeiten sehr wohl die Verfügungen noch hätte überprüfen können. Insoweit durfte der Erblasser das Auftragsverhältnis so gestalten, dass ein wesentliches Recht den Erben nicht mehr zustehen sollte.
Rz. 177
Sehr viel kritischer geht die Rechtsprechung dagegen mit Bevollmächtigten um, die sich auf einen anfänglichen Verzicht des Vollmachtgebers berufen. Zwar wurde bislang noch nicht entschieden, ob ein solcher Verzicht schon als Verstoß gegen § 138 BGB unwirksam ist. Hiergegen spricht schon, dass der Vollmachtgeber bei lebzeitigem Widerruf der Vorsorgevollmacht wesentliche Entwicklungen seines Vermögens nicht nachvollziehen könnte. Es wäre nicht hinnehmbar, wenn sich der Vollmachtgeber so der Willkür des Bevollmächtigten ausgeliefert sähe. Daher kann ein Verzicht sich nur auf bestimmte Sachverhalte bzw. Zeiträume beziehen. Ob ein Verzicht wirksam war oder nicht, bedarf gleichwohl selten einer Prüfung, denn im Ergebnis wird bei vermutetem Vollmachtsmissbrauch die Berufung auf den Auskunftsverzicht selbst rechtsmissbräuchlich sein.
Rz. 178
So sah das OLG Karlsruhe es nach einer Zeugenvernehmung zwar als erwiesen an, dass der Vollmachtgeber auf seine Rechte nach § 666 BGB mündlich verzichtet habe. Dieser Verzicht gründe jedoch auf einem Vertrauen des Vollmachtgebers in die Redlichkeit des Bevollmächtigten. Fehle es daran, weil der Bevollmächtigte Geschäfte tätigt, aus denen sich begründete Anhaltspunkte für ein pflichtwidriges Verhalten ergeben, muss es aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben dem Vollmachtgeber möglich sein, dieses Verhalten zu überprüfen.
Rz. 179
Ob man das Wiederaufleben des Auskunftsanspruchs mit § 242 BGB begründet oder gem. § 313 BGB eine Anpassung nach Störung der Geschäftsgrundlage annehmen will, kann dahinstehen. Jedenfalls ist die Rechtsprechung nicht gewillt, unredliche Bevollmächtigte mit dieser "billigen" Ausrede davonkommen zu lassen.
Andererseits kann sich der Bevollmächtigte im Schutze des Auskunftsverzichts sicher sein, nicht für jede Verfügung, die er nicht belegen kann, von den Erben verantwortlich gemacht zu werden.
Rz. 180
Hinweis
Wer einen Bevollmächtigten vert...