Rz. 125
Vor der Reform des Betreuungsrechts unterlag der Betreuer dem Schenkungsverbot nach § 1804 BGB a.F. Der Betreuer unterliegt diesem grundsätzlichen Schenkungsverbot nach § 1854 Nr. 8 BGB nicht mehr, da die neu eingeführte Norm aus dem Verbot ein Genehmigungserfordernis statuiert, um eine größere Flexibilität zu gewährleisten. Das "Schenkungsverbot" ist durch die Einführung der neuen Vorschriften zum 1.1.2023 also zu einem Genehmigungserfordernis geworden, um damit eine größere Variabilität für das Handeln des Betreuers zu gewährleisten. Für den Begriff der "Schenkung" gilt der allgemeine Schenkungsbegriff des § 516 BGB. Liegt eine gemischte Schenkung vor, die in der Regel dann gegeben ist, wenn die Gegenleistung den Wert des aus dem Vermögen erbrachten Vermögensopfers nicht erreicht, ist im Zweifel die gesamte Schenkung nichtig nach § 139 BGB, sofern die Genehmigung nicht erteilt wird. Allerdings hat die Rechtsprechung angenommen, dass, wenn der entgeltliche Teil den unentgeltlichen i.H.v. 80 % des Verkehrswertes übersteigt, keine Unentgeltlichkeit vorliegt. Insbesondere sind in der Praxis als Schenkung anzusehen der Verzicht auf ein Wohnrecht des Betreuten (jedoch nicht, wenn dieser das Wohnrecht nicht mehr ausüben kann und es keinen wirtschaftlichen Wert mehr besitzt) sowie die Änderung der Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung vom Betreuten auf einen Dritten hin. Selbst wenn etwas Gemeinnütziges von Todes wegen durch den Betreuer beabsichtigt ist, ist dies nicht zulässig: Das vom Betreuer abgegebene Schenkungsversprechen, wodurch der Betreute den gesamten zu seinem Todestag bestehenden Nachlass einer gemeinnützigen Stiftung verspricht, unterfällt dem Schenkungs- bzw. Genehmigungsverbot des § 1854 Nr. 8 BGB. Nicht als Schenkung werden die Erbausschlagung oder der Erbverzicht gewertet.
Rz. 126
Selbst wenn eine Schenkung aus dem Vermögen des Betroffenen wirtschaftlich sinnvoll wäre (z.B. zur Steuerersparnis), war eine solche verbotene Schenkung unheilbar nichtig und vom Betreuer zurückzufordern. Ist die Schenkung allerdings tatsächlich nichtig, kann deren Heilung durch eine betreuungsgerichtliche Genehmigung auch nicht nachträglich erfolgen; auch eine Genehmigung durch den Betreuten selbst macht die Schenkung nicht wirksam.
Rz. 127
Nicht selten muss der Betreuer Gerichtsprozesse für den Betreuten führen und schließt dort einen gerichtlichen Vergleich ab. Das bloße Nachgeben im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs stellt noch keine Schenkung, die dem Verbot des § 1854 Nr. 8 BGB unterfällt, dar.
Praxistipp
Der Betreuer sollte bei einem gerichtlich protokollierten Vergleich darauf achten, dass im Gerichtsprotokoll steht, dass der Vergleich "auf Anraten des Gerichts" abgeschlossen wird. Dadurch ist sichergestellt, dass bereits ein Gerichtszweig eine Sachprüfung vorgenommen hat und das Betreuungsgericht insoweit von einer etwaigen Prüfungspflicht befreit wird.
Eine Umgehung des Schenkungsverbots etwa durch die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder eines Ergänzungsbetreuers ist nicht möglich. Die nach § 1854 Nr. 8 BGB verbotene Schenkung ist unheilbar nichtig, § 134 BGB.