Rz. 132
Wie bereits gezeigt, wird durch die Anordnung der Betreuung die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen grundsätzlich nicht berührt. Ist der Betroffene weiterhin geschäftsfähig, kann er ohne Einschränkung und nach eigenem Ermessen Geschenke machen. Die Verbotsvorschrift des § 1854 Nr. 8 BGB gilt für ihn nicht.
Rz. 133
Begibt sich der geschäftsfähige, aber unter Betreuung stehende Betroffene beispielsweise zum Notar, um durch notariellen Schenkungsvertrag Grundstücke aus seinem Vermögen an den Betreuer, dessen Familienangehörige oder sonstige Dritte zu schenken, ist das grundsätzlich zulässig. Der Notar prüft in einem längeren Eingangsgespräch lediglich die Geschäftsfähigkeit des Zuwendenden (§ 11 Abs. 1 BeurkG). Leider wird in der täglichen notariellen Praxis kaum ein eingehendes Gespräch zur Prüfung der Geschäftsfähigkeit durchgeführt; die in den notariellen Verträgen einleitend – bereits per Computermaske – "festgestellte Geschäftsfähigkeit" durch ein "längeres Gespräch" ist oft nur Makulatur.
Rz. 134
Da die Beweislast für das Fehlen der Geschäftsfähigkeit derjenige trägt, der sich darauf beruft, ist es für einen Betreuer, der eine solche Schenkung anfechten und zurückfordern möchte, praktisch unmöglich, dies durchzusetzen. Der Betreuer müsste also Vollbeweis dafür erbringen, dass der Betreute geschäftsunfähig war, als er das Schenkungsversprechen abgab. Hierzu müsste er ein psychiatrisches oder psychologisches Sachverständigengutachten einholen und im Rahmen der Anfechtung der Schenkungserklärung vorlegen. Dies gelingt in der täglichen Praxis kaum. Gleiches gilt für die Pflichtteilsberechtigten oder Erben des Betreuten. Die von diesem Personenkreis nachzuweisende Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen muss zum Zeitpunkt der Begründung des Kausalgeschäftes (also bei notarieller Beurkundung des Schenkungsvertrages) vorgelegen haben. Lediglich Zweifel genügen hierfür nicht. Der Betreuer kann daher grundsätzlich die Schenkungen des Betroffenen, die dieser selbst vornimmt, bei vorliegender Geschäftsfähigkeit nicht angreifen oder zurückfordern. Nur wenn der Betreute unter einem Einwilligungsvorbehalt steht, ist hier ein enger Spielraum für den Betreuer eröffnet.