Rz. 58
Entscheidet das Betreuungsgericht dahingehend, dass von der persönlichen Anhörung des Betroffenen abgesehen werden soll, so ist regelmäßig ein Verfahrenspfleger zu bestellen (§ 276 Abs. 1 FamFG). Der Bestellung eines Verfahrenspflegers bedarf es auch, wenn der Betroffene sich zu gestellten Anträgen (z.B. Anbringung eines Bettgitters) nicht äußern kann oder den Umfang der beantragten Maßnahmen nicht erkennt, wenn eine Totalbetreuung eingerichtet werden soll oder ein Einwilligungsvorbehalt für die vollständigen Vermögensangelegenheiten angeordnet werden soll.
Der Bestellungszeitpunkt zur Installierung des Verfahrenspflegers ist so zu bemessen, dass jener die Möglichkeit hat, am Anhörungstermin des Betroffenen teilzunehmen, andernfalls ist die Anhörung fehlerhaft. Vor der Bestellung des Verfahrenspflegers wiederum ist rechtliches Gehör zu gewähren.
Rz. 59
Der Verfahrenspfleger hat die Verfahrensstellung des Betroffenen inne. Er kann dessen Recht auf rechtliches Gehör wahrnehmen. Ihm stehen dafür Akteneinsichtsrechte, welche sich auch in die erstellten Sachverständigengutachten fortsetzen, zu.
Er hat ein eigenes Fragerecht bei Anhörungen und das Anwesenheitsrecht bei Beweisaufnahmen. Daher ist er zu diesen gerichtlichen Verfahrenshandlungen zu laden und kann unabhängig vom Betreuten Rechtsmittel einlegen. Streitig ist, ob er zu eigener Ermittlungstätigkeit befugt ist. Er kann jedoch nicht gleichzeitig Betreuer des Betroffenen sein. Seine Bestellung zum Verfahrenspfleger wäre dann unwirksam.
Der Verfahrenspfleger besitzt die Stellung eines gesetzlichen Vertreters, handelt selbstständig und ist weder gegenüber dem Betroffenen noch dem Betreuungsgericht gegenüber weisungsabhängig.
Rz. 60
Da im Rahmen der Verfahrenspflegerbestellung häufig rechtliche Mitwirkungshandlungen und Akteneinsichtsgesuche vorzunehmen sind, liegt in diesem Bereich ein breites Betätigungsfeld für juristisch Ausgebildete, z.B. Rechtsanwälte. Auch wenn die Vergütung nach § 277 Abs. 1, Abs. 2 FamFG, §§ 1875 ff. BGB, §§ 7, 13 VBVG relativ gering ist (33,50 EUR/Stunde zzgl. Auslagenpauschale und MwSt.), ist die Tätigkeit als Verfahrenspfleger für Einblicke in die praktische Umsetzung des Betreuungsrechts wertvoll.