Rz. 91
Der Betreuer hat nach § 1835 Abs. 1 BGB ein Vermögensverzeichnis über den Umfang des Vermögens des Betroffenen zu erstellen. Es dient dazu, Klarheit über das Vermögen des Betroffenen und dessen wirtschaftliche Lage zu erhalten und dient als Grundlage für die Vermögensverwaltung und Aufsicht durch das Betreuungsgericht. Der Betreuer hat sämtliche Vermögenswerte, gleich wo diese sich befinden (beispielsweise im Ausland belegene Grundstücke oder Bankkonten), im Verzeichnis anzugeben. Verbindlichkeiten des Betroffenen sind ebenfalls vollständig aufzuführen. Das Vermögensverzeichnis dient dazu, einen vollständigen und übersichtlichen Vermögensstatus des Betreuten zu dokumentieren. Zu- und Abgänge des Vermögens sind in einer Jahresabrechnung zu erfassen, § 1865 Abs. 3 S. 1 BGB, während für später hinzukommendes Vermögen (z.B. aus einer Erbschaft) ein Nachtragsverzeichnis zu erstellen und gesondert einzureichen ist. Bewegliche Gegenstände des verzeichneten Vermögens (z.B. Pkw, Schmuck) oder Immobilien muss der Betreuer nicht bewerten, da ihn eine Bewertungspflicht selbst nicht trifft.
Praxistipp
Sind Immobilien im verwalteten Vermögen vorhanden, sollte sich der Betreuer mit dem Betreuungsgericht abstimmen, ob hierfür ein Sachverständigengutachten auf Kosten des verwalteten Vermögens eingeholt werden soll. Gleiches gilt für Schmuck, Pkw u.a.
Rz. 92
Das Verzeichnis muss grundsätzlich nicht unter Verwendung von Formularen errichtet werden.
Praxistipp
Die von den Betreuungsgerichten verwendeten Vordrucke sollten hierbei verwendet werden, um Nachfragen seitens des Gerichts zu vermeiden.
aa) Stichtag
Rz. 93
Der Stichtag für die Erstellung des Verzeichnisses ist auf den Zeitpunkt der Anordnung der Betreuung auszurichten. Diese Anordnung ist dem Betreuer nach §§ 288, 287 Abs. 1 FamFG seitens des Gerichts bekanntzumachen. Daher kommt es für den Erstellungszeitpunkt des Vermögensverzeichnisses auf den Tag des Zugangs des Anordnungsbeschlusses beim Betreuer an, da er erst mit der Bekanntmachung seinen Aufgaben nachkommen kann.
bb) Hinzuziehung Dritter
Rz. 94
Im Grundsatz hat der Betreuer das Vermögensverzeichnis selbst zu erstellen. Er ist jedoch nach § 1835 Abs. 3 BGB befugt, die Betreuungsbehörde, einen zuständigen Beamten, einen Notar oder einen Sachverständigen hinzuzuziehen, und kann die Kosten hierfür nach § 1877 Abs. 1 BGB vom Betroffenen ersetzt verlangen.
Zu der Inventarisierung kann ein Dritter hinzuzuziehen sein, der das Vermögensverzeichnis mit Gegenbemerkungen versehen oder seine Richtigkeit und Vollständigkeit zu bestätigen hat, § 1835 Abs. 4 S. 1 BGB.
Rz. 95
Legt der Betreuer innerhalb angemessener Frist das Vermögensverzeichnis nicht vor, setzt das Gericht hierzu nochmals eine Nachfrist und droht ein Zwangsgeld an. Bei fruchtlosem Fristablauf erfolgt die Zwangsgeldfestsetzung und Androhung der Entlassung. Auch hat das Betreuungsgericht die Möglichkeit, die Aufnahme des Vermögensverzeichnisses nach § 1835 Abs. 5 BGB durch die zuständige Betreuungsbehörde oder einen Notar anzuordnen.
Praxistipp
Da der Betreuer dem Betreuungsgericht gegenüber zu jeder Zeit Auskunft über das Vermögen des Betreuten zu erteilen und jährlich Rechnung zu legen hat, sollte der Betreuer auf ein exaktes Vermögensverzeichnis Wert legen.
cc) Vermögenslose Betroffene
Rz. 96
Ist beim Betroffenen kein Vermögen vorhanden, genügt die Versicherung des Betreuers, dass kein aufzeichnungsfähiges Vermögen vorhanden ist.
Bei einem Betreuerwechsel ist regelmäßig kein erneutes Verzeichnis zu erstellen; der neue Betreuer hat jedoch das vorhandene Vermögen zu überprüfen und kann – Übereinstimmung seiner Prüfung mit dem vom Vorgänger aufgestellten Verzeichnis vorausgesetzt – sich auf das ehemalige Verzeichnis beziehen.
dd) Befreite Betreuung im Vermögensbereich
Rz. 97
Nach §§ 1859 ff. BGB sind bestimmte Kreise der Betroffenen von der Aufsicht des Betreuungsgerichts und Genehmigungspflichten in vermögensrechtlichen Angelegenheiten befreit.
Einem Betreuungsverein oder Vereinsbetreuer steht kraft Gesetzes die Befreiung nach § 1859 Abs. 2 Nr. 4 BGB zu. Gleiches gilt für die Betreuungsbehörde oder einen Behördenbetreuer (§ 1859 Abs. 2 Nr. 5 BGB).
Rz. 98
Des Weiteren sind die Bundesländer ermächtigt, durch eigene Regelungen die Betreuungsbehörde weitgehend von der Aufsicht durch das Betreuungsgericht zu befreien (§ 1862 Abs. 4 BGB).