Rz. 205
Grunderwerbsteuerpflichtig ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG grundsätzlich der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Danach stellt der Erwerb eines Grundstücks durch Erbanfall i.S.d. § 1922 BGB einen grunderwerbsteuerbaren Erwerb dar, der allerdings gem. § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen ist.
Rz. 206
Sind mehrere Erben vorhanden, greift im Rahmen des Erwerbes einer Nachlassimmobilie die Steuerbefreiung für die Erbengemeinschaft. Setzt sich die Erbengemeinschaft dann auseinander, richtet sich die grunderwerbsteuerliche Behandlung nach § 3 Nr. 3 GrEStG (siehe dazu Rdn 31 ff.>).
Auch der Erwerb eines Nachlassgrundstücks im Wege der Vorerbschaft und sodann durch den Nacherben ist gem. § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen. Gleiches gilt für die grundsätzlich gem. § 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG schenkungsteuerbare lebzeitige Übertragung eines zum Erbe gehörenden Grundstücks vom Vorerben auf den Nacherben vor Eintritt des Nacherbfalls. Verzichtet der Nacherbe auf sein Nacherbenrecht gegenüber dem Vorerben, liegt mangels Rechtsträgerschaft des Nacherben an einem Nachlassgrundstück bzw. mangels entsprechendem Rechtsträgerwechsel schon kein grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 GrEStG vor. Insbesondere greift in diesem Fall § 1 Abs. 2 GrEStG nicht, wonach der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge unterliegen, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Denn dem Nacherben ist (vor Eintritt des Nacherbfalls) keine Verwertung möglich.
Rz. 207
Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG greift auch im Rahmen des Erwerbs des überlebenden Ehegatten/Lebenspartners durch Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um 1/4 bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Tod des anderen Ehegatten/Lebenspartners (erbrechtliche Lösung), §§ 1931 Abs. 3, 1371 Abs. 1 BGB, § 6 LPartG. Unbeachtlich ist, dass für diesen Mehrerwerb die Erbschaftsteuerbefreiung des § 5 ErbStG greift. Danach gilt im Rahmen der erbrechtlichen Lösung beim überlebenden Ehegatten/Lebenspartner der Betrag, den er nach Maßgabe des § 1371 Abs. 2 BGB als Ausgleichsforderung geltend machen könnte, nicht als Erwerb im Sinne des § 3 ErbStG.
Rz. 208
Eine Ausschlagung der Erbschaft i.S.d. §§ 1942 ff. BGB hat keine grunderwerbsteuerlichen Folgen. Erhält der Erbe allerdings für die Ausschlagung einer Erbschaft eine Abfindung (von einem Miterben oder Dritten), fingiert § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG einen erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb des Ausschlagenden vom Erblasser. Erfolgt die Abfindung durch Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, greift die Grunderwerbsteuerbefreiung des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG. Etwas anderes gilt, wenn als Abfindung für die Ausschlagung eine Geldzahlung vereinbart wird, die dann durch Leistung eines Grundstücks an Erfüllung statt i.S.d. § 364 Abs. 1 BGB erbracht wird. Nur soweit im Verhältnis der beteiligten Personen Befreiungstatbestände bestehen (siehe dazu Rdn 51 ff.>), kommt es auch dann nicht zu einer Grunderwerbsbesteuerung. Die gleichen Grundsätze gelten für die Abfindungsleistung für einen lebzeitigen Erbverzicht i.S.d. §§ 2346 und 2352 BGB, § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG i.V.m. § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG.