1. Allgemeines
Rz. 202
Das für die Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt prüft im Todesfall unter Berücksichtigung des erbschaftsteuerlichen Verfahrens, ob ein Grundstückserwerb von Todes wegen i.S.d. § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG vorliegt. Für die Frage nach der Erbfolge ist regelmäßig der Erbschein zugrunde zu legen.
Rz. 203
Ein (außer-)gerichtlicher Erbvergleich schlägt – wie ein rechtskräftiges Gerichtsurteil – auf die Besteuerung des Erbfalls durch. Erbschaftsteuerlich ist so zu verfahren, als hätte der Erblasser entsprechende Regelungen durch Verfügung von Todes wegen getroffen. Der grunderwerbsteuerlichen Behandlung, d.h. insbesondere der Anwendbarkeit der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG, ist der Vergleich dann ebenfalls zugrunde zu legen.
Rz. 204
Zu beachten ist, dass nur das Ergebnis eines ernsthaft gemeinten Vergleichs, der die gütliche Regelung streitiger Erbverhältnisse zum Ziel hat, für die Besteuerung ausschlaggebend ist. Die durch den Erbfall entstandenen Rechtsverhältnisse (zwischen Erben, Pflichtteilsberechtigten oder Vermächtnisnehmern) müssen zweifelhaft und ernstlich umstritten (gewesen) sein. Entscheidend ist, dass der Vergleich seinen Rechtsgrund im Erbrecht hat und nicht in Zweifeln über die außererbrechtliche Lage. Letzteres gilt etwa für einen Vergleich eines Alleinerben mit einem Dritten über das Bestehen oder die Höhe einer Nachlassforderung. Ein einmal geschlossener Vergleich ist der Besteuerung zugrunde zu legen, auch wenn die Beteiligten bei seiner Durchführung hiervon abweichen.
2. Grundstückserwerb durch Erbanfall, § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 1922 BGB
Rz. 205
Grunderwerbsteuerpflichtig ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG grundsätzlich der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Danach stellt der Erwerb eines Grundstücks durch Erbanfall i.S.d. § 1922 BGB einen grunderwerbsteuerbaren Erwerb dar, der allerdings gem. § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen ist.
Rz. 206
Sind mehrere Erben vorhanden, greift im Rahmen des Erwerbes einer Nachlassimmobilie die Steuerbefreiung für die Erbengemeinschaft. Setzt sich die Erbengemeinschaft dann auseinander, richtet sich die grunderwerbsteuerliche Behandlung nach § 3 Nr. 3 GrEStG (siehe dazu Rdn 31 ff.>).
Auch der Erwerb eines Nachlassgrundstücks im Wege der Vorerbschaft und sodann durch den Nacherben ist gem. § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen. Gleiches gilt für die grundsätzlich gem. § 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG schenkungsteuerbare lebzeitige Übertragung eines zum Erbe gehörenden Grundstücks vom Vorerben auf den Nacherben vor Eintritt des Nacherbfalls. Verzichtet der Nacherbe auf sein Nacherbenrecht gegenüber dem Vorerben, liegt mangels Rechtsträgerschaft des Nacherben an einem Nachlassgrundstück bzw. mangels entsprechendem Rechtsträgerwechsel schon kein grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 GrEStG vor. Insbesondere greift in diesem Fall § 1 Abs. 2 GrEStG nicht, wonach der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge unterliegen, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Denn dem Nacherben ist (vor Eintritt des Nacherbfalls) keine Verwertung möglich.
Rz. 207
Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG greift auch im Rahmen des Erwerbs des überlebenden Ehegatten/Lebenspartners durch Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um 1/4 bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Tod des anderen Ehegatten/Lebenspartners (erbrechtliche Lösung), §§ 1931 Abs. 3, 1371 Abs. 1 BGB, § 6 LPartG. Unbeachtlich ist, dass für diesen Mehrerwerb die Erbschaftsteuerbefreiung des § 5 ErbStG greift. Danach gilt im Rahmen der erbrechtlichen Lösung beim überlebenden Ehegatten/Lebenspartner der Betrag, den er nach Maßgabe des § 1371 Abs. 2 BGB als Ausgleichsforderung geltend machen könnte, nicht als Erwerb im Sinne des § 3 ErbStG.
Rz. 208
Eine Ausschlagung der Erbschaft i.S.d. §§ 1942 ff. BGB hat keine grunderwerbsteuerlichen Folgen. Erhält der Erbe allerdings für die Ausschlagung einer Erbschaft eine Abfindung (von einem Miterben oder Dritten), fingiert § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG einen erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb des Ausschlagenden vom Erblasser. Erfolgt die Abfindung durch Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, greift die Grunderwerbsteuerbefreiung des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG. Etwas anderes gilt, wenn als Abfindung für die Ausschlagung eine Geldzahlung vereinbart wird, die dann durch Leistung eines Grundstücks an Erfüllung statt i.S.d. § 364 Abs. 1 BGB erbracht wird. Nur soweit im Verhältnis der beteiligten Personen Befreiungstatbestände bestehen (siehe dazu Rdn 51 ff...