I. Allgemeines
Rz. 167
Erbfälle unterliegen grundsätzlich nicht der Einkommensteuer, sondern der Erbschaftsteuer. Allerdings spielt die Einkommensbesteuerung sowohl im Hinblick auf den Erblasser als auch auf den Erben eine vielfältige Rolle.
II. Einkommensteuer des Erblassers
Rz. 168
Die Einkommensteuerpflicht einer natürlichen Peron beginnt mit der Geburt (bzw. dem Zuzug ins Inland) und endet mit dem Tod (bzw. dem Wegzug ins Ausland). Einkünfte, die der Erblasser erzielt hat (z.B. aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitaleinkünfte), sind ab diesem Stichtag beim Erben bzw. bei der Erbengemeinschaft zu versteuern. Es wird nicht etwa eine (anteilige) Umrechnung des Einkommens auf den Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) durchgeführt, vielmehr werden die ab dem Todestag angefallenen Einkünfte stichtagsgenau zugerechnet.
Rz. 169
Ehegatten/Lebenspartner können gem. §§ 26 Abs. 1 S. 1, 26b EStG, sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, das sog. Ehegattensplitting im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung beantragen.
Rz. 170
Verstirbt einer der zusammenveranlagten Ehegatten, sieht § 32a Abs. 6 Nr. 1 EStG ein sog. Witwen- bzw. Witwersplitting vor. Danach werden verwitwete Steuerpflichtige im Jahr, das auf das Todesjahr folgt, weiter nach der Splittingtabelle zusammen veranlagt. Das Witwen- bzw. Witwersplitting kommt auch dann in Betracht, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der Zusammenveranlagung im Todesjahr vorgelegen haben. Lebten die Ehegatten also während des Todesjahres getrennt, entfällt auch das Witwensplitting im Folgejahr.
Rz. 171
In der Praxis spielt die Behandlung privater Einkommensteuerschulden des Erblassers als erwerbsmindernde Erblasserschuld i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG im Rahmen der Erbschaftbesteuerung eine große Rolle. Dabei ist zu differenzieren, welchen Veranlagungszeitraum diese betreffen (siehe Rdn 107 ff.>).
III. Kosten der Vermögensnachfolgeplanung und -gestaltung und Einkommensteuer
Rz. 172
Die Kosten der Planung und Gestaltung der Vermögensnachfolge sind grundsätzlich privat veranlasst und damit einkommensteuerlich nicht relevant. Das betrifft z.B. die Kosten für die Erstellung eines Testaments. Ein Abzug im Rahmen von Werbungskosten (§ 9 EStG), Betriebsausgaben (§ 4 EStG) oder Sonderausgaben (§ 10 EStG) kommt nicht in Betracht. Befindet sich im Nachlass eine fremdvermietete Immobilie, können diese Kosten also nicht im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden.
IV. Durch den Erbfall ausgelöste Kosten und Einkommensteuer
Rz. 173
Die durch den Erbfall ausgelösten Kosten und Nachlassverbindlichkeiten stellen Privataufwendungen dar, denen keine einkommensteuerliche Relevanz zukommt. Dies gilt insbesondere für Vermächtnis- und Pflichtteilsschulden, die erbschaftsteuerlich grundsätzlich gem. § 10 Abs. 6 ErbStG abzugsfähig sind (siehe Rdn 112 ff.>). Gleiches gilt für die Prozesskosten (gerichtliche und außergerichtliche Kosten), die im Rahmen einer erbrechtlichen Streitigkeit entstehen. An der grundsätzlichen privaten Veranlassung und damit einkommensteuerlichen Unbeachtlichkeit dieser Kosten und Verbindlichkeiten ändert sich auch nichts, wenn sich Betriebsvermögen im Nachlass befindet.
Hinweis
Kosten eines erbrechtlichen Rechtsstreits – etwa wenn Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden – können als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG absetzbar sein.
Rz. 174
Von den Kosten des Erbfalls sind die Kosten der Erbauseinandersetzung zu unterscheiden. Der Erbfall und die Erbauseinandersetzung stellen – wie in der Erbschaftsteuer (siehe § 4 Rdn 11>) – einkommensteuerrechtlich selbstständige Vorgänge dar. Aufwendungen, die bei einer Erbauseinandersetzung geleistet werden, z.B. Spitzen- oder Wertausgleich (Abfindung) an weichende Miterben, können einkommensteuerrelevante Anschaffungskosten z.B. im Rahmen von Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 EStG darstellen.
V. Einkommensteuer der Erben
1. Alleinerbe
Rz. 175
Gemäß § 45 Abs. 1 AO gehen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge i.S.d. § 1922 BGB die Forderungen und Schulden (abgesehen von Zwangsgeldern) aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Erben über. Der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger in einem umfassenden Sinne sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein. Die steuerpflichtigen Erträge, die einem Alleinerben nach dem Erbfall aus dem Nachlass zufließen, werden bei diesem einkommensversteuert. Diese ertragsteuerliche Zurechnung der Einkünfte greift auch, wenn der Erbe den Nachlass nicht selber verwaltet, sondern ein (Dauer-)Testamentsvollstrecker oder Nachlasspfleger die Verwaltung vornimmt.
Rz. 176
Die Erbschaft selber, die ein kindergeldberechtigtes Kind nach einem Elternteil erhält, ist für das Kindergeld grundsätzlich unschädlich. Sie stellt insbesondere keinen Erwerb aufgrund Erwerbstätigkeit i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG da...