a) Missverständlichkeit des Wortlautes
Rz. 29
Wie unglücklich der Verweis in § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG geraten ist, zeigt sich schon beim ersten Tatbestandsmerkmal der Duldung nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG, dem Betreten des Sondereigentums. Würde man den Wortlaut ernst nehmen, hätte jeder Wohnungseigentümer das Betreten seines Sondereigentums durch Miteigentümer zu dulden, wenn dies nur mit unerheblichen Beeinträchtigungen einhergeht. Dies ist natürlich abwegig und mit dem Schutz der Wohnung nach Art. 13 GG nicht zu vereinbaren. Kein Wohnungseigentümer kann von einem anderen ohne zwingenden Grund verlangen, dass dieser das Betreten seiner Wohnung duldet. Auch die nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG möglichen Beschlüsse, die Miteigentümern das Betreten fremden Sondereigentums erlauben könnten, sind kaum vorstellbar, da als Eingriff in den Kernbereich des Sondereigentums nichtig.
b) Sinn der Vorschrift
Rz. 30
Bedeutung kann die Duldung des Betretens allenfalls im Zusammenhang mit der Instandhaltung oder Instandsetzung von Sondereigentum erlangen, die u.U. die Benutzung fremden Sondereigentums rechtfertigen kann. Dies wurde angenommen, wenn der zulässige Ausbau des Dachgeschosses nur unter Inanspruchnahme fremden Sondereigentums unter wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen möglich ist. Nach früherer Rechtsprechung zu § 14 Nr. 4 WEG a.F. war darüber hinaus einem gerichtlichen Sachverständigen das Betreten des Sondereigentums stets zu gestatten, auch wenn der betroffene Eigentümer nicht Partei des zugrunde liegenden Rechtsstreits ist. Auch ohne ausdrückliche Regelung durch Vereinbarung oder Beschluss kann ausnahmsweise eine Pflicht zur Duldung des Betretens aufgrund der Beschaffenheit bestimmter Räume bestehen, wenn sich etwa in einer Wohnung der Zugang zum Dachboden befindet, der im gemeinschaftlichen Eigentum steht. Dann ist der Spitzboden auch zu Zwecken der Dachreparatur und Wartung zu nutzen, was der betroffene Wohnungseigentümer (gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft) seinerseits nach § 14 Nr. 4 WEG a.F. und nunmehr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG dulden muss. Diese Einzelfälle rechtfertigen indessen kaum eine – scheinbar – generelle Pflicht zur Duldung des Betretens von Sondereigentum, sondern hätten sich, wie bisher, durch eine Analogie zum Betretungsrecht der Gemeinschaft lösen lassen.