a) Bedeutung der Einwirkung auf das Sondereigentum
Rz. 31
Die Duldung von "Einwirkungen" stellt die zentrale Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG dar. Diese Bestimmung ersetzt letztlich § 14 Nr. 3 WEG a.F., wonach der Wohnungseigentümer Einwirkungen auch auf sein Sondereigentum zu dulden hatte, soweit sie auf einem zulässigen Gebrauch beruhen. Der Begriff der "Einwirkungen" ist dabei wie in § 14 Nr. 3 WEG a.F. weit zu verstehen. Er reicht vom unmittelbaren Gebrauch fremden Sondereigentums, etwa beim Schwenken der Wagentür über einen fremden Stellplatz bis hin zu jeglicher Form von Immissionen wie Küchengerüchen, Wohngeräuschen etc.
b) Schrankenlose Einwirkung bei entsprechender Legitimation durch Vereinbarungen oder Beschlüsse
Rz. 32
Im Gegensatz zu § 14 Nr. 3 WEG a.F. differenziert § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG die zulässige Intensität der Einwirkung danach, ob sie durch Vereinbarung oder Beschluss zugelassen wird. Ist dies der Fall, besteht keine Schranke. Dies spielt insbesondere bei Zweckbestimmungen mit Vereinbarungscharakter eine Rolle. Gestattet die Gemeinschaftsordnung eine bestimmte Nutzung, so muss der Miteigentümer auch erhebliche Einwirkungen dulden, die hieraus resultieren. Umgekehrt kann die Gemeinschaftsordnung auch bestimmte Nutzungen und in der Folge die damit einhergehenden Einwirkungen ausschließen, selbst wenn sie kraft Gesetzes zulässig wären. Bei der Regelung dieser Fragen durch Beschluss sind freilich die Grenzen der Beschlusskompetenz zu beachten. Selbst eine Öffnungsklausel stellt nicht zugleich materiell-rechtlich die Zustimmung zu jeder künftigen Änderung der Gemeinschaftsordnung dar. Fundamentale Schranken ergeben sich aus unverzichtbaren Rechten, die durch Mehrheitsbeschluss nicht entzogen werden können, aber auch aus unentziehbaren Rechten, auf die ein Wohnungseigentümer verzichten kann. Eine Zweckbestimmung, deren Änderung oder Einschränkung die Nutzung des Sondereigentums in substanzieller Weise betrifft, kann nicht gegen den Willen des betroffenen Wohnungseigentümers beschlossen werden.
c) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG unerhebliche Einwirkung ohne Vereinbarung oder Beschluss
Rz. 33
Liegen keine Vereinbarungen oder Beschlüsse vor, darf jeder Wohnungseigentümer nur insoweit auf fremdes Sondereigentum einwirken, als er keinen Miteigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt. So kann er etwa beim Aussteigen einen fremden Stellplatz betreten. Bei der Frage nach der Erheblichkeit der Einwirkung sind allerdings öffentlich-rechtliche Wertungen wie § 22 Abs. 1a S. 1 BImSchG zu berücksichtigen, wonach Geräuscheinwirkungen, die von Kindertagesstätten, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen ausgehen, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind. Deshalb müssen nach dieser Vorschrift privilegierte Geräuscheinwirkungen bei der Frage, ob eine abweichende Nutzung mehr stört als eine zulässige, außer Betracht bleiben.