a) Kein Vorliegen von Vereinbarungen oder Beschlüssen
Rz. 12
§ 14 Nr. 4 WEG a.F. setzte keine Beschlussfassung der Eigentümerversammlung voraus. Diese Rechtslage führt § 14 Abs. 1 Nr. 2 letzter Hs. WEG im beschränkten Umfang fort. Liegen die Voraussetzungen der Vorschrift vor, bedarf es weiterhin keiner Beschlussfassung. Die Vorschrift ist aber subsidiär. Sind die Voraussetzungen für das Betreten einer Wohnung durch Vereinbarung oder Beschluss geregelt, bedarf es des Rückgriffs auf § 14 Abs. 1 Nr. 2 letzter Hs. WEG nicht. Sieht die Gemeinschaftsordnung strengere Voraussetzen für das Betreten einer Wohnung vor, gehen diese § 14 Abs. 1 Nr. 2 letzter Hs. WEG vor (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Denn die Regelung ist nicht zwingend.
b) Reichweite der Duldungspflicht
Rz. 13
Die Vorschrift ist in mehrfacher Hinsicht zumindest missverständlich formuliert. Dies betrifft bereits den Anschluss, wonach der Wohnungseigentümer verpflichtet ist, "das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden (..), aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst." Grammatikalisch kann sich der Relativsatz nur auf die Einwirkungen beziehen. Das ist aber ausweislich der Gesetzesbegründung gerade nicht der Fall, da dort das Betreten als duldungspflichtige Maßnahme ohne Beeinträchtigung ausdrücklich genannt wird.
c) Notmaßnahmen
Rz. 14
Missverständlich formuliert ist ferner die Voraussetzung für das Betreten bzw. sonstige Einwirkungen. Dem Wortlaut nach wäre jedes Betreten zulässig, wenn dem betroffenen Wohnungseigentümer hierdurch "über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst." Da dies beim Betreten regelmäßig nicht der Fall sein wird, müsste der Wohnungseigentümer das Betreten seines Sondereigentums durchweg gestatten. Dies ist natürlich abwegig und mit Art. 13 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Gemeint sind ausweislich der Gesetzesmaterialien Notmaßnahmen, die ein sofortiges Betreten des Sondereigentums erforderlich machen.
d) Erheblicher Nachteil
Rz. 15
Das Abstellen auf einen unerheblichen Nachteil unter ausdrücklicher Anknüpfung an § 14 Nr. 1 WEG a.F. ist auch im Übrigen verfehlt. Denn bei Notfällen wie dem Bruch einer Versorgungsleitung werden regelmäßig Maßnahmen erforderlich sein, die die Grenze eines unerheblichen Nachteils weit überschreiten. Dann bestünde aber nach dem Wortlaut der Vorschrift gerade keine Duldungspflicht. Es erscheint daher ratsam, die missglückte Formulierung von § 14 Abs. 1 Nr. 2 letzter Hs. WEG schlicht zu ignorieren und mit der Gesetzesbegründung auf das Vorliegen einer Notmaßnahme abzustellen