I. Über das zumutbare Maß hinausgehende Einwirkungen
1. Zweck der Norm
Rz. 38
Nach früherem Recht (§ 14 Nr. 4 letzter Hs. WEG a.F.) hatte ein Wohnungseigentümer, dessen Sondereigentum durch Maßnahmen der Instandhaltung oder Instandsetzung beschädigt wurde, einen Anspruch auf Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens. Diese Regelung modifiziert die Novelle erheblich. Insbesondere erweitert sie die Verpflichtung zum Schadensersatz auf weitere "Einwirkungen", was konsequent ist, wenn der Wohnungseigentümer die Inanspruchnahme seines Sondereigentums in entsprechend erweitertem Umfang hinnehmen muss. Andererseits verringert sie der Umfang des Ersatzes, der sich bei Ansprüchen aus § 14 Nr. 4 letzter Hs. WEG nach §§ 249 ff. BGB richtete, auf einen "angemessenen Ausgleich in Geld", was bewusst an § 906 Abs. 2 S. 2 BGB angeglichen ist.
2. Erfasste Einwirkungen
a) Erhaltungsmaßnahmen
Rz. 39
Der bisher in§ 14 Nr. 4 letzter Hs. WEG a.F. normierte Anspruch war auf Ersatz der Schäden infolge der Inanspruchnahme durch Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums gerichtet. Dies wird auch in Zukunft eine der wichtigsten Fallgruppen des Ausgleichs aus § 14 Abs. 3 WEG darstellen. Dabei ist allerdings anders als nach § 14 Nr. 4 WEG a.F. keine Beschädigung des Sondereigentums mehr erforderlich. Die Einwirkung kann auch von außen, etwa durch Immissionen erfolgen. Überschreiten diese die in § 14 Abs. 3 WEG vorgesehene Zumutbarkeitsschwelle, kommt ebenfalls ein Ausgleichsanspruch nach dieser Vorschrift in Betracht.
b) Stofflich-gegenständliche Einwirkungen aufgrund sonstiger Maßnahmen
Rz. 40
Da die Duldungspflichten in § 14 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 WEG weit über Erhaltungsmaßnahmen hinausgehen, ist es nur konsequent, auch die zu Ausgleichansprüchen führenden Tatbestände entsprechend auszuweiten. In Betracht kommt insbesondere, wie die zum Gemeinschaftseigentum parallel konstruierte Duldungspflicht in § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG zeigt, die Einwirkung im Zuge von Erhaltungsmaßnahmen zugunsten des Sondereigentums anderer Wohnungseigentümer. Der Ausgleich aus § 14 Abs. 3 WEG ist aber nicht auf Erhaltungsmaßnahmen beschränkt. Er erfasst jegliche Einwirkungen etwa anlässlich von Modernisierungen oder baulichen Veränderungen, die in das Sondereigentum eingreifen. Aber auch außerhalb baulicher Veränderungen findet § 14 Abs. 3 WEG auf jegliche Zuführung wägbarer und unwägbarer Stoffe beim Gebrauch von Sonder- oder Gemeinschaftseigentum Anwendung.
c) Einwirkungen aufgrund rechtlicher Änderungen
Rz. 41
Dem Wortlaut nach erfasst § 14 Abs. 3 WEG sogar eine Beeinträchtigung von Sondereigentum aufgrund einer rechtlichen Änderung etwa bei einer Zweckbestimmung von Teileigentum. Hierdurch wird ebenfalls auf Sonder- und Gemeinschaftseigentum eingewirkt. Wird beispielsweise aufgrund einer Öffnungsklausel eine zulässige Änderung des Nutzungszwecks beschlossen, können dem hiervon betroffenen Miteigentümer Ausgleichsansprüche wegen der Beeinträchtigung seines Sondereigentums zukommen. Denn hierdurch wird jedenfalls mittelbar auf sein Sondereigentum eingewirkt, wenn von dem betroffenen Teileigentum nunmehr intensivere Immissionen ausgehen dürfen. Denkbar sind sogar sonstige Rechtsverluste aufgrund einer Änderung der Gemeinschaftsordnung aus § 10 Abs. 2 WEG (entspricht § 10 Abs. 2 S. 3 WEG a.F.), die zu weitergehenden Einwirkungen führen und die Nutzbarkeit seiner Einheit herabsetzen.
3. Gegenstand der Beeinträchtigung
a) Sondereigentum
Rz. 42
§ 14 Abs. 3 WEG benennt den Gegenstand der Beeinträchtigung nicht. Die Vorschrift wählt die offene Formulierung, dass "der Wohnungseigentümer eine Einwirkung" zu dulden hat. Die Beeinträchtigung wird regelmäßig sein Sondereigentum betreffen. Das ist aber nicht zwangsläufig der Fall.
b) Sondernutzungsrechte
Rz. 43
Wie oben ausgeführt (vgl. o. Rdn 23), kann auch das Sondernutzungsrecht aufgrund seiner Rechtsähnlichkeit zum Sondereigentum Gegenstand einer Duldungspflicht aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG sein. Es entspricht daher einer konsequenten Rechtsanwendung, auch in diesen Fällen einen Ausgleichsanspruch aus § 14 Abs. 3 WEG zu gewähren. Auf diesem Wege lässt sich auch ein vom BGH nach altem Recht nur über § 242 BGB zu lösender Fall systemkonform zu einem befriedigenden Ergebnis bringen: In gravierenden Ausnahmesituationen (dem Risiko eines Nutzungsverbotes für die ganze Liegenschaft) nahm der BGH an, dass ein Wohnungseigentümer aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG a.F. (nunmehr § 10 Abs. 2 WEG) sogar auf ein Sondernutzungsrecht verzichten muss. Dies müsse allerdings nur gegen einen angemessenen Ausgleich geschehen, was der BGH aus § 242 BGB ableitete. Diese Rechtsfolge kann nunmehr zumindest in entsprechender Anwendung aus § 14 Abs. 3 WEG abgeleitet werden, da der Tatbestand der Norm entsprechend offen gefasst ist.
c) Gemeinschaftseigentum
Rz. 44
Letztlich erscheint ein Ausgleichsanspruch aus § 14 Abs. 3 WEG noch nicht einmal ausgeschlossen, wenn nur das Gemeinschaftseigentum von der Beeinträchtigung betroffen ist. Wird etwa aufgrund einer Öffnungsklausel eine Gemeinschaftseinrichtung verändert oder geschlossen, kann dies einen Wohnungseigentümer empfind...