I. Regelungstechnik

1. Fragmentierung der Regelungen zur Erhaltung

 

Rz. 56

Der Gesetzgeber hat die frühere Technik einer umfassenden Regelung der Instandhaltung und Instandsetzung von Sondereigentum, wie sie in § 14 Nr. 1 WEG a.F. enthalten war, zugunsten einer kleinteiligen Normierung einzelner Pflichten aufgegeben. So ist § 14 Nr. 1 WEG a.F. entfallen, der die umfassende Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung von Sondereigentum enthielt. Dies erscheint umso erstaunlicher, als diese Regelung der Rechtspraxis weit über ein halbes Jahrhundert keine nennenswerten Probleme bereitete. Ersetzt wurde diese gelungene Vorschrift durch punktuelle Regelungen, die viele Fragen offenlassen.

2. Definition der Erhaltung

 

Rz. 57

§ 13 Abs. 2 WEG bietet nunmehr einen übergeordneten Begriff für Instandhaltung und Instandsetzung, nämlich den der "Erhaltung." Dies wird in den Gesetzesmaterialien zutreffend damit begründet, dass Instandhaltung und Instandsetzung im Gesetz gleich behandelt werden.[44] Dies ändert aber nichts daran, dass die Gemeinschaftsordnung nach wie vor zwischen beidem differenzieren kann. Sieht sie etwa vor, dass ein Wohnungseigentümer die Kosten der Instandhaltung von Ver- und Entsorgungsleitungen im räumlichen Bereich seines Sondereigentums zu tragen hat, erfasst dies nur die übliche Pflege und Wartung sowie die Vorsorge gegen ein Einfrieren, nicht jedoch die Instandsetzung nach einem Rohrbruch.[45]

[44] BT-Drucks 19/18791, S. 49.

II. Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung von Sondereigentum

1. Mittelbare Regelungen

a) Keine Beeinträchtigung fremden Sondereigentums

 

Rz. 58

Das neue WEG kennt keine § 14 Nr. 1 WEG a.F. entsprechende Regelung mehr, die dem Wohnungseigentümer Instandhaltung und Instandsetzung seines Sondereigentums auf seine Kosten auferlegt. Die Mindestpflichten zur Erhaltung ergeben sich nunmehr aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer den Miteigentümern gegenüber verpflichtet ist, deren Sondereigentum nicht mehr als bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbar zu beeinträchtigen. Daraus ergibt sich die früher in § 14 Nr. 1 WEG a.F. normierte Minimalpflicht, das eigene Sondereigentum in einem solchen Zustand zu halten, dass das Sondereigentum der Miteigentümer nicht mehr als unvermeidlich beeinträchtigt wird.

b) Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums

 

Rz. 59

Die erste Lücke im neuen Recht zeigt sich bereits bei Vernachlässigungen oder sonstigen Veränderungen des Sondereigentums, die sich auf das Gemeinschaftseigentum auswirken. Bedeutung erlangt dies etwa dann, wenn im Sondereigentum stehende Bauteile wie etwa Heizkörper betroffen sind, deren Veränderung sich auf das gesamte System auswirken. Hier ergab sich aus § 14 Nr. 1 WEG a.F., da diese Vorschrift weit gefasst war, ebenfalls eine Pflicht des Wohnungseigentümers, sein Sondereigentum so zu erhalten, dass Beeinträchtigungen der Miteigentümer nicht zu befürchten waren. Das neue Recht ist hier weit weniger ergiebig. § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG erfasst nur die mangelnde Erhaltung oder sonstige Veränderungen, die das Sondereigentum von Miteigentümern beeinträchtigt. Selbst die Generalklausel in § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG, wonach der Wohnungseigentümer gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Einhaltung von Gesetz, Vereinbarungen und Beschlüssen verpflichtet ist, hilft hier nicht weiter, wenn nicht die Gemeinschaftsordnung die (nach früherem Recht überflüssige) Verpflichtung zur Erhaltung des Sondereigentums enthält. Will man nicht auf die Treuepflicht der Wohnungseigentümer oder gleich direkt auf § 242 BGB zurückgreifen, ergibt sich somit unmittelbar aus dem Gesetz keine Verpflichtung des Wohnungseigentümers, sein Sondereigentum so instandzuhalten, dass es nicht zu Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums kommt.

2. Rückgriff auf § 19 Abs. 1 WEG

 

Rz. 60

Dieses Fehlen einer eigentlich zwingend erforderlichen Regelung kann nur durch den Rückgriff auf eine Generalklausel behoben werden (ähnlich wie nach altem Recht bei der Führung von Aktivprozessen des Verbandes durch Rückgriff auf § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG a.F.). Nach § 19 Abs. 1 WEG besteht eine Kompetenz der Eigentümerversammlung, über eine Benutzung des Sondereigentums Beschluss zu fassen, soweit diese nicht durch Vereinbarung geregelt ist. Mangels entgegenstehender Regelung können die Wohnungseigentümer also bei einer Vernachlässigung des Sondereigentums, die sich beeinträchtigend auf das Gemeinschaftseigentum auswirkt, durch Beschluss eine Erhaltungsmaßnahme anordnen. Dass (nur) dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, dürfte ähnlich wie bei weiterfressenden Mängeln im Gemeinschaftseigentum evident sein. Zulässig dürfte (wie nach altem Recht nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG a.F.) auch ein Vorratsbeschluss sein, der ähnlich wie § 14 Nr. 1 WEG a.F. anordnet, dass jeder Wohnungseigentümer sein Sondereigentum so zu erhalten hat, dass dem Gemeinschaftseigentum kein über das unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil entsteht. Jedenfalls bei bereits bestehendem Erhaltungsrückstand kann jeder Wohnungseigentümer die Fassung eines solchen Beschlusses aus § 18 Abs. 2 Nr. 1, 2 WEG sogar verlangen, da nur die Mindestinstandhaltung des Sondereigentums ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Wird ein solcher Besch...

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