I. Neuerungen
Rz. 65
Das Gesetz berücksichtigt erstmals seit Inkrafttreten des WEG überhaupt die häufige Überlassung von Sondereigentum an Dritte, regelmäßig Mieter oder dinglich Berechtigte (z.B. Wohn- oder Nießbrauchsberechtigte). Die Regelungen beschränken sich auf die Duldung der Erhaltung (§ 15 Nr. 1 WEG) sowie darüber hinausgehende bauliche Veränderungen (§ 15 Nr. 2 WEG). Hier sieht das Gesetz nach einer Ankündigung entsprechend den Vorschriften des Mietrechts eine Duldungspflicht der Nutzer von Sondereigentum vor. Wesentliche weitere Probleme der Nutzung von Sondereigentum durch Dritte wie etwa die Einhaltung der Gemeinschaftsordnung hat der Gesetzgeber bedauerlicherweise nicht behandelt. Hier bleibt es bei den Grundsätzen, die der BGH jüngst entwickelt hat.
II. Duldungspflicht für Erhaltungsmaßnahmen
1. Erhaltung des Sondereigentums
Rz. 66
§ 15 WEG normiert eine Duldungspflicht des Drittnutzers von Sondereigentum für die Erhaltung sowohl des Gemeinschafts- als auch des Sondereigentums. Diese Vorschrift ist im Gegensatz zu den Regelungen für die Wohnungseigentümer untereinander erfreulich weit gefasst. Sie differenziert insbesondere nicht zwischen dem Anlass der Erhaltungsmaßnahme. So muss der Drittnutzer von Sondereigentum, wenn es um die Erhaltung von Sondereigentum geht, auch dabei erforderliche Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum hinnehmen. Wird etwa der im Sondereigentum stehende Fußbodenbelag saniert, umfasst die Duldungspflicht auch Eingriffe in den darunterliegenden, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Fußbodenaufbau.
2. Erhaltung des Gemeinschaftseigentums
a) Keine Einschränkung der Duldungspflicht durch § 14 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 WEG
Rz. 67
Die Ausführungen zum Sondereigentum gelten für das Gemeinschaftseigentum entsprechend. Der Drittnutzer muss Eingriffe in das Sondereigentum hinnehmen, auch wenn die Erhaltungsmaßnahme das Gemeinschaftseigentum zum Gegenstand hat. Anders als beim Wohnungseigentümer ist die Duldungspflicht nicht nach § 14 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 WEG auf geringfügige Eingriffe oder solche, die durch Vereinbarung oder Beschluss legitimiert werden, beschränkt. Im Gegensatz zum Wohnungseigentümer kommt ihm auch kein Ausgleichsanspruch aus § 14 Abs. 3 WEG zu. Der Drittnutzer hat aber insbesondere dann, wenn die Nutzung auf einem Mietvertrag beruht, Gewährleistungsansprüche.
b) Kein Abwehranspruch gegen die Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums
Rz. 68
Der unbeschränkte Duldungsanspruch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums dürfte ferner, wie im Mietrecht, Abwehransprüche des Drittnutzers hinsichtlich der gemeinschaftlich genutzten Flächen ausschließen. Denn der Anspruch auf ungestörten Besitz erstreckt sich gerade nicht auf die Flächen, die er nur mitbenutzen darf. Folglich ist deren Inanspruchnahme etwa für das Aufstellen von Gerüsten oder die Lagerung von Baustoffen vom Drittnutzer hinzunehmen.
3. Zur Duldung Verpflichteter
Rz. 69
Die Duldungspflicht ist auch hinsichtlich des Pflichtigen weit gefasst. Sie trifft jeden Nichteigentümer, der Wohnungseigentum gebraucht. Das Gesetz differenziert nicht nach dem Grund der Berechtigung gegenüber dem Sondereigentümer. Dies ist angesichts der in anderem Zusammenhang zum alten Recht geführten Diskussion der Rechte von Wohnungseigentümern und Gemeinschaft gegenüber Drittnutzern eine sinnvolle Lösung. Die Rechte der Wohnungseigentümer bzw. der Gemeinschaft bestehen unabhängig von entgegenstehenden Rechten aus dem Mietvertrag. Eine Sanierung des Gemeinschaftseigentums ist somit selbst dann möglich, wenn sie mietvertraglich ausgeschlossen wurde. Erst recht kommt es nicht auf die Wirksamkeit und Fortbestand des Mietvertrages oder eines dinglichen Rechtes an. Die Duldungspflicht besteht unabhängig davon, ob der Mietvertrag gekündigt oder sonstwie beendet ist. Selbst unberechtigten Nutzern gegenüber wie gekündigten Mietern oder Hausbesetzern kann die Gemeinschaft die Duldungspflicht aus § 15 Nr. 1 WEG geltend machen.
4. Inhaber der Duldungspflichten
a) Keine Differenzierung des Duldungsanspruchs nach Sonder- und Gemeinschaftseigentum
Rz. 70
§ 15 WEG nennt als Duldungsberechtigte ohne Differenzierung Wohnungseigentümergemeinschaft und Wohnungseigentümer. Dies ist insoweit richtig, als die Duldungspflicht nicht nach der Eigentumsform zugeordnet werden kann. Wird Gemeinschaftseigentum instandgesetzt, kann dabei Sondereigentum beschädigt und somit auch seine Instandsetzung erforderlich werden. Für diesen Fall noch die Geltendmachung der Duldungspflicht durch den Wohnungseigentümer zu verlangen (evtl. mit einer weiteren Ankündigung) ginge sicher zu weit. Entsprechendes gilt umgekehrt, wenn etwa bei der Neuverlegung des Fußbodenbelages Teile des darunter liegenden Fußbodenaufbaus erneuert werden müssen. Grundsätzlich können also Wohnungseigentümergemeinschaft und Wohnungseigentümer die Duldung von Erhaltungsmaßnahmen bei beiden Eigentumsformen verlangen.
b) Differenzierung nach demjenigen, der die Maßnahme durchführt
Rz. 71
Gleichwohl dürfte der Wortlaut in anderer Hinsicht zu weit geraten sein. Man wird schwerlich davon ausgehen können, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft vom Dritt...