I. Recht zum Mitgebrauch (§ 16 Abs. 1 S. 3 WEG)
1. Systematische Neuorientierung
Rz. 75
Der Gesetzgeber empfand die Aufteilung der Regelungen zu Mitgebrauch und sonstigen Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums in §§ 13 Abs. 2, 16 Abs. 1 WEG a.F. als unübersichtlich. Das neue Recht verortet die Berechtigung zur Mitbenutzung des Gemeinschaftseigentums (§ 13 Abs. 2 WEG a.F.) nunmehr in § 16 Abs. 1 S. 3 WEG. Die Vorschrift entspricht inhaltlich der Vorgängernorm. Auch inhaltlich bezweckt die Novelle keine Änderung, was nachvollziehbar ist, bereitete diese Vorschrift in der Praxis doch über ein halbes Jahrhundert keine Probleme.
2. Anwendbarkeit früherer Rechtsprechung
Rz. 76
Die einzige textliche Änderung gegenüber der Vorgängerregelung besteht darin, dass sich der Mitgebrauch nur noch nach "Maßgabe des § 14" richtet. Dies ist konsequent, da der in § 13 Abs. 2 WEG a.F. genannte § 15 WEG a.F. inhaltlich in § 14 eingefügt wurde, während § 15 WEG nunmehr die Rechtsbeziehungen zu Drittnutzern regelt. Insbesondere bleibt es dabei, dass kraft Gesetzes jeder Wohnungseigentümer unabhängig von der Größe seines Miteigentumsanteils zur gleichberechtigten Nutzung des Gemeinschaftseigentums berechtigt ist. Selbstverständlich bleibt diese Regelung weiterhin abdingbar, wie man schon aus der fortbestehenden Möglichkeit der Einräumung von Sondernutzungsrechten ersehen kann, die ja gerade auf einen Ausschluss des Mitgebrauchs hinausläuft.
3. Differenzierung zwischen gemeinschaftlichem Eigentum und Gemeinschaftsvermögen
Rz. 77
Wie bei den Früchten vollzieht der Gesetzgeber die Trennung zwischen gemeinschaftlichem Eigentum und Gemeinschaftsvermögen nach. Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass sich der gleichberechtigte Mitgebrauch nur auf ersteres bezieht. Dies versteht sich von selbst: Naturgemäß kann nicht jeder Miteigentümer verlangen, den zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Aufsatzrasenmäher zu nutzen oder gar eine von der Wohnungseigentümergemeinschaft erworbene und vermietete Wohnung mitzubenutzen.
II. Anteil an sonstigen Nutzungen (§ 16 Abs. 1 S. 1, 2 WEG)
1. Neuerungen
a) Anteil an "Früchten"
Rz. 78
Im Grundsatz führt das neue Recht auch bei der Verteilung sonstiger Nutzungen die bestehende Rechtslage fort. Der Gesetzgeber beseitigte lediglich Unklarheiten beim Begriff den Begriff der Nutzungen, der bisweilen mit dem des Gebrauchs konkurrierte (z.B.: § 13 Abs. 1, 14 Nr. 2 WEG a.F.), und ersetzte ihn durch den der "Früchte". Gemeint sind nach wie vor Sach- und Rechtsfrüchte etwa in Form von realen Früchten eines Obstbaums oder – wichtiger – in Form von Mieten aus der Vermietung von Gemeinschaftseigentum.
b) Gemeinschaftsvermögen
Rz. 79
Die weitere Neuerung ist inhaltlicher Natur und betrifft das Gemeinschaftsvermögen. Dies spiegelt die nach Anerkennung ihrer Teilrechtsfähigkeit gesteigerte Bedeutung wieder, die dem Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft zukommt. Mittlerweile ist insbesondere fast einhellig anerkannt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft Immobiliarvermögen innerhalb und außerhalb der eigenen Liegenschaft erwerben kann. Dieses wirft regelmäßig "Früchte" ab, die im Gesetz bislang keine ausdrückliche Regelung fanden. Dem hilft § 16 Abs. 1 S. 1, 2 WEG nunmehr ab, indem dort die Verteilung solcher Früchte nach dem im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile angeordnet wird. Wie beim gemeinschaftlichen Eigentum ist auch beim Gemeinschaftsvermögen nur der Überschuss zu verteilen. Ein Beschluss, der etwa die Verteilung der Rohmiete vorsieht, widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.
2. Abdingbarkeit und Beschlusskompetenz für eine anderweitige Verteilung
Rz. 80
Wie im alten Recht ist weder ausdrücklich bestimmt noch anderweitig erkennbar, dass der in § 16 Abs. 1 S. 1, 2 WEG geregelte Verteilungsmaßstab unabdingbar sein soll. Es kann also kein Zweifel bestehen, dass die Gemeinschaftsordnung oder eine Vereinbarung eine abweichende Verteilung oder gar eine gänzlich abweichende Verwendung solcher Früchte, etwa in Form einer Zuführung zur Instandhaltungsrücklage, vorsehen kann. Problematischer erscheint die Frage, ob die gesetzliche Verteilung der Früchte auch durch Beschluss abgeändert werden kann. Da die Gesetzesbegründung bei der Verteilung der Kosten ausdrücklich auf die diesbezügliche Beschlusskompetenz aus § 16 Abs. 2 S. 2 WEG hinweist, liegt es nahe, aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung für die Verteilung der Früchte auf das Fehlen einer Beschlusskompetenz zu schließen. Allerdings lässt das Gesetz in § 28 Abs. 1 S. 1 WEG jetzt über die Erhaltungsrücklage hinaus ausdrücklich weitere "durch Beschluss vorgesehene Rücklagen" zu. Es besteht also jedenfalls die Kompetenz, über Rücklagen zu weiteren Zwecken, etwa zur Erhaltung des Gemeinschaftsvermögens, etwa des Aufsitzrasenmähers oder einer von der Wohnungseigentümergemeinschaft erworbenen Einheit zu beschließen. Die fehlende Kompetenz, eine von § 16 Abs. 1, 2 WEG abweichende Verteilung der Früchte zu beschließen, führt also nicht zwangsläufig zur Auskehr von Erträgen. Die Wohnungseigentümer können ihre Verwendung für Rücklagen durchaus beschließen. Lediglich die Auskehr nach einem anderen Schlüssel oder der Einbehalt ohne gemeinschaftsbezogene Verwend...