1. Zweck der Regelung
Rz. 8
Die Vorschrift führt § 14 Nr. 4 WEG a.F. fort, wonach der Wohnungseigentümer die Inanspruchnahme seines Sondereigentums hinnehmen muss. Sie ist nunmehr dem Wortlaut nach weiter gefasst. Zum einen muss der Wohnungseigentümer nicht nur Betreten und Benutzung (so § 14 Nr. 4 WEG a.F.), sondern auch "andere Einwirkungen" dulden. Dies entspricht allerdings der bisherigen Handhabung von § 14 Nr. 4 WEG a.F., wonach selbst Beschädigungen zu dulden waren. Der Begriff der Einwirkung ist weit zu verstehen. Er umfasst nicht nur solche Beeinträchtigungen, die wie Baumaßnahmen in der Wohnung ihre Quelle innerhalb des Sondereigentums haben. Erfasst sind auch Einwirkungen von außen, wie Baulärm, Staub oder sonstige Immissionen.
2. Einwirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum
Rz. 9
§ 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG geht ferner insoweit über den Wortlaut der Vorgängernorm hinaus, als auch Einwirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum ausdrücklich genannt werden. Das war oftmals selbstverständlich, etwa beim Entfernen von Fliesen zwecks Reparatur einer Versorgungsleitung im gemeinschaftlichen Eigentum. Die neue Vorschrift geht aber insoweit darüber hinaus, als sie auch Fälle ohne gleichzeitige Inanspruchnahme des Sondereigentums erfasst. Nunmehr ist klargestellt, dass der Sondereigentümer etwa das Vereisen einer Versorgungsleitung zwecks Reparatur in einer anderen Einheit dulden muss, auch wenn ihn das für eine gewisse Zeit von der Versorgung ausschließt.
3. Keine Beschränkung auf Erhaltungsmaßnahmen
Rz. 10
§ 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG bleibt anders als § 14 Nr. 4 WEG a.F. nicht auf Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung beschränkt, sondern erfasst alle Fälle, in denen das Recht zum Betreten des Sondereigentums und zu sonstigen Einwirkungen den Vereinbarungen und Beschlüssen entspricht. Dies erfasst insbesondere die in der Praxis bedeutsamen Fälle des Absperrens von Versorgungsleitungen bei Hausgeldrückständen, das nach h.M. beschlossen werden konnte. War zur Durchsetzung dieses Beschlusses ein Betreten der Wohnung und die Anbringung von Absperrventilen erforderlich, wurde diese bislang über eine nicht ganz zweifelsfreie Analogie zu § 14 Nr. 4 WEG a.F. gewährt. Die Erweiterung des Betretungsrechtes auf alle Fälle, in denen das Betreten des Sondereigentums bzw. sonstige Einwirkungen den Vereinbarungen und Beschlüssen entsprechen, reicht freilich weit über die früher anerkannten Möglichkeiten hinaus. Alleinige Voraussetzung ist das Vorliegen eines nicht ausnahmsweise nichtigen Beschlusses, der das Betreten des Sondereigentums bzw. sonstige Einwirkungen erforderlich macht. Dies kann namentlich bei der Durchführung von baulichen Veränderungen der Fall sein, die jetzt unter weit großzügigeren Voraussetzungen beschlossen werden können als früher.
4. Verpflichtung nur gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft
Rz. 11
Die Verpflichtung zur Duldung des Betretens des Sondereigentums bzw. sonstiger Einwirkungen besteht, wie oben ausgeführt, nur der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber. Damit ist der bisweilen bejahten analogen Anwendung der Vorgängervorschrift auf Erhaltungsmaßnahmen zugunsten anderen Sondereigentums wohl der Boden entzogen. Denn nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG steht dieses Recht eben nur der Gemeinschaft zu. In Betracht kommt allerdings eine Duldungspflicht aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG.
5. Betreten und Einwirkungen ohne Vereinbarung oder Beschluss
a) Kein Vorliegen von Vereinbarungen oder Beschlüssen
Rz. 12
§ 14 Nr. 4 WEG a.F. setzte keine Beschlussfassung der Eigentümerversammlung voraus. Diese Rechtslage führt § 14 Abs. 1 Nr. 2 letzter Hs. WEG im beschränkten Umfang fort. Liegen die Voraussetzungen der Vorschrift vor, bedarf es weiterhin keiner Beschlussfassung. Die Vorschrift ist aber subsidiär. Sind die Voraussetzungen für das Betreten einer Wohnung durch Vereinbarung oder Beschluss geregelt, bedarf es des Rückgriffs auf § 14 Abs. 1 Nr. 2 letzter Hs. WEG nicht. Sieht die Gemeinschaftsordnung strengere Voraussetzen für das Betreten einer Wohnung vor, gehen diese § 14 Abs. 1 Nr. 2 letzter Hs. WEG vor (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Denn die Regelung ist nicht zwingend.
b) Reichweite der Duldungspflicht
Rz. 13
Die Vorschrift ist in mehrfacher Hinsicht zumindest missverständlich formuliert. Dies betrifft bereits den Anschluss, wonach der Wohnungseigentümer verpflichtet ist, "das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden (..), aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst." Grammatikalisch kann sich der Relativsatz nur auf die Einwirkungen beziehen. Das ist aber ausweislich der Gesetzesbegründung gerade nicht der Fall, da dort das Betreten als duldungspflichtige Maßnahme ohne Beeinträchtigung ausdrücklich genannt wird.
c) Notmaßnahmen
Rz. 14
Missverständlich formuliert ist ferner die Voraussetzung für das Betreten bzw. sonstige Einwirkungen. Dem Wortlaut nach wäre jedes Betreten zulässig, wenn dem betroffenen Wohnungseigentümer hierdurch "über das bei einem geordnet...