Rz. 8
Das Prüfungsschema für die Ermittlung des Haushaltsführungsschadens im Sinne des Naturalunterhaltsanspruches im Tötungsfall ist das folgende:
I. Zeitaufwandsanteile der Partner vor dem Schadensfall ermitteln
Rz. 9
Es beginnt mit der Ermittlung des wöchentlichen oder monatlichen Zeitaufwandes durch Befragung des hinterbliebenen Partners, welcher Anteil von jedem Partner im Rahmen der Haushaltsführung vor dem Schadensfall aufgebracht worden ist. Hierbei ist der Haushaltsführungsbeitrag im nicht reduzierten Haushalt gemeint, so wie er sich in Tabelle 1 darstellt. Die Tabelle 1 bildet wiederum keine Anspruchsgrundlage, sondern lediglich eine Regulierungshilfe. Vorrangig kommt es auf die einvernehmlichen Beiträge beider Partner in der Haushaltsführung an. Es ist wichtig, hier für jeden Partner den Zeitaufwand konkret zu ermitteln, denn für den überlebenden Partner entspricht der Zeitaufwand im nicht reduzierten Haushalt seiner Mithilfepflicht im Tötungsfall. Wenn Kinder im Haushalt leben, auch volljährige, die sich jedoch noch in der Ausbildung befinden, so ist deren Betreuungsaufwand zu schätzen. Die Werte der Tabelle 4 sind anteilig auf die Ehepartner zu verteilen und dem Wert aus Tabelle 1 hinzuzusetzen.
II. Zeitbedarf im reduzierten Haushalt bestimmen
Rz. 10
Nun wird der Zeitbedarf im reduzierten Haushalt aus der Tabelle 2 abgelesen. Der 2-Personenhaushalt vor dem Tötungsfall ist jetzt der reduzierte 2-Personenhaushalt usw. Entweder verwendet man die Tages-, Wochen- oder Monatstabelle. Das hängt davon ab, ob man zuvor (siehe Rdn 10) den Haushaltsführungsbeitrag der Partner pro Tag, Woche oder Monat ermittelt hat. Wenn der Zeitaufwand im nicht reduzierten Haushalt wochenweise ermittelt wurde, so wird die Zeitbedarfstabelle ebenfalls in Form der Wochentabelle angewendet. Eine Überkreuzlösung wäre fehlerhaft. Ebenso wie zuvor, sind Kinderzuschläge aus Tabelle 4 im gleichen Umfang dem Zeitbedarf im reduzierten Haushalt hinzuzurechnen. Der Tod eines Elternteils reduziert nicht den Betreuungsbedarf von Kindern – im Gegenteil.
III. Mithilfepflicht des Partners oder Kindes/der Kinder feststellen
Rz. 11
Im nächsten Schritt wird die Mithilfepflicht der Unterhaltsberechtigten ermittelt.
Die Mithilfepflicht des/der Kind/er muss exakt dem Anteil entsprechen, den die Kinder in zeitlicher Hinsicht bereits vor dem Tötungsfall geleistet haben. Man kann nicht pauschal auf die Rechtsprechung abstellen, wonach Kinder ab 14 Jahren grundsätzlich und immer 1 Std. pro Tag hauswirtschaftliche Leistungen erbracht haben. Auch hier kommt es auf die Einvernehmensregelung im Einzelfall an.
Was die Mithilfepflicht des überlebenden Ehegatten angeht, so entspricht diese im reduzierten Haushalt exakt dem Anteil der tatsächlich geleisteten Haushaltsführungstätigkeit im nicht reduzierten Haushalt. Wenn also der überlebende Partner vor dem Schadensereignis 22 Std. an hauswirtschaftlicher Tätigkeit verrichtet hat, so entspricht das exakt seiner Mithilfepflicht, die im Rahmen des Zeitbedarfs für die Verrichtung des gesamten reduzierten Haushaltes abzusetzen ist. Die Einzelheiten der Berechnung können im Musterfall 1 (§ 13 Rdn 1) und 2 (§ 12 Rdn 6) nachvollzogen werden.
IV. Naturalunterhaltsschaden = Zeitbedarf im reduzierten Haushalt (Tabelle 2) abzüglich Mithilfepflicht
Rz. 12
Von der Gesamtstundenzahl, das heißt dem Zeitbedarf im reduzierten Haushalt (Tabelle 2) wird die Mithilfepflicht des überlebenden Ehepartners (= der bereits vor dem Tötungsfall geleistete Haushaltsführungsanteil – ggf. aus Tabelle 1 abgelesen) abgesetzt (ebenso wird ggf. eine kindliche Mithilfepflicht abgesetzt), wobei das rechnerische Ergebnis dann der Schadensersatzanspruch nach § 844 Abs. 2 BGB ist.
V. Pekuniäre Bewertung des weggefallenen Haushaltsführungsanteils des Getöteten
Rz. 13
Die Bewertung der Arbeit des ausgefallenen Haushaltsführenden erfolgt ebenso wie im Verletzungsfall. Es ist ein monatlicher Eurobetrag zu bestimmen für eine Ersatzkraft, die an die Stelle des getöteten Ehepartners tritt. Die Abrechnung erfolgt entweder auf der Vergütungsbasis einer konkret eingestellten Ersatzkraft oder durch normativeAbrechnung, wenn die Haushaltsführungstätigkeit unentgeltlich von der Restfamilie oder von Freunden und Verwandten übernommen wird. Ebenso ist die Mischform zwischen konkreter und normativer Abrechnung möglich. In Anbetracht der hohen Qualifikation des ausgefallenen Haushaltsführenden, insbesondere im Haushalt mit kleinen Kindern, sind andere Anforderungen an die Stundenverrechnungssätze zu stellen, als im Verletzungsfall, wo oftmals gerade die Leitungsfähigkeit dem Verletzten noch erhalten geblieben ist. Deshalb stellt man im Tötungsfall auf die erforderliche Qualifikation der Ersatzkraft ab, die diese aufweisen muss, um die ausgefallene Haushaltsführung zu übernehmen. Entweder wendet man die Entgeltgruppen 3 bis 11 des TVöD an oder man arbeitet mit vergleichsweise pauschalierenden Nettoentgelten pro Stunde.
Je höher die Anforderungen an die Haushaltsführung sind, wobei die Anzahl und das Lebensalter von Kindern ein maßgeblicher Indikator sind, desto höher ist der Stundenverrechnungssatz anzusetzen, weil die Qualifikationen der Ersatzkraft entsprechend höher sein müssen. Man kann also sagen, je kleiner die Kinder, desto höher die Anforderungen an die Ersatzkraft und mithin desto höher der Stundenverrechnungssatz.
Insoweit...