Rz. 201

Nachdem die herrschende Rechtsprechung für die Eintragung des Rechtshängigkeitsvermerks auf das Erfordernis einer einstweiligen Verfügung verzichtet, findet die Schadensersatznorm des § 945 ZPO keine unmittelbare Anwendung.

Fraglich ist jedoch, ob eine analoge Anwendung in Betracht kommt. Diese Frage wird bisher weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung diskutiert.

Ausgangspunkt für die Problemlösung ist § 325 Abs. 2 ZPO, wonach die Rechtskraft eines Urteils nur dann gegen den Sonderrechtsnachfolger wirkt, wenn dieser in Bezug auf die Rechtshängigkeit nicht gutgläubig war. Der Rechtshängigkeitsvermerk dient ausschließlich dazu, eine etwaige Gutgläubigkeit eines potenziellen Erwerbers insoweit zu zerstören. Eine Verfügungsbeschränkung für den eingetragenen Eigentümer wird durch den Rechtshängigkeitsvermerk nicht bewirkt. Veräußert er trotzdem, so ist es das Risiko des Erwerbers, ob der Veräußerer tatsächlich Rechtsinhaber war oder nicht. War er Rechtsinhaber, so erleidet er keinen Nachteil. War er es nicht, so muss er sich an den nichtberechtigten Veräußerer halten. Für diesen wiederum ist keine Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch gegen den wahren Eigentümer ersichtlich und auch nicht geboten.

Eine analoge Anwendung von § 945 ZPO auf den Rechtshängigkeitsvermerk erscheint deshalb nicht erforderlich.

Die Rechtsfrage ist offen. Der Rechtsberater sollte sich darauf einstellen, dass die Rechtsprechung, soweit sie den Erlass einer einstweiligen Verfügung für entbehrlich hält, in analoger Anwendung von § 945 ZPO oder § 717 Abs. 2, Abs. 3 ZPO eine Schadensersatzpflicht annehmen wird.

 

Rz. 202

Auch im Hinblick auf diese Rechtsfolge muss der Rechtsberater entscheiden, ob er einen Widerspruch auf der Grundlage einer einstweiligen Verfügung eintragen lassen will oder einen Rechshängigkeitsvermerk.

Wird auf der Grundlage eines vorläufig vollstreckbaren Urteils, das die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung zum Streitgegenstand hat, nach § 895 ZPO ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen, so kann bei Aufhebung des Urteils eine Schadensersatzpflicht nach § 717 Abs. 2, Abs. 3 ZPO entstehen.

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