Rz. 158

 

§ 650n Erstellung und Herausgabe von Unterlagen

(1) Rechtzeitig vor Beginn der Ausführung einer geschuldeten Leistung hat der Unternehmer diejenigen Planungsunterlagen zu erstellen und dem Verbraucher herauszugeben, die dieser benötigt, um gegenüber Behörden den Nachweis führen zu können, dass die Leistung unter Einhaltung der einschlägigen öffentlichrechtlichen Vorschriften ausgeführt werden wird. Die Pflicht besteht nicht, soweit der Verbraucher oder ein von ihm Beauftragter die wesentlichen Planungsvorgaben erstellt.

(2) Spätestens mit der Fertigstellung des Werks hat der Unternehmer diejenigen Unterlagen zu erstellen und dem Verbraucher herauszugeben, die dieser benötigt, um gegenüber Behörden den Nachweis führen zu können, dass die Leistung unter Einhaltung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausgeführt worden ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn ein Dritter, etwa ein Darlehensgeber, Nachweise für die Einhaltung bestimmter Bedingungen verlangt und wenn der Unternehmer die berechtigte Erwartung des Verbrauchers geweckt hat, diese Bedingungen einzuhalten.

 

Rz. 159

Die Neuregelung des § 650n BGB (Dokumentation) über die Erstellung und Herausgabe von Unterlagen und Dokumenten über das Bauwerk – eingefügt durch Art. 1 Nr. 25 BauVertrRRG – klärt diese bislang konfliktträchtige und von der Judikatur noch nicht abschließend (und wenn überhaupt nur meist zurückhaltend) beantwortete Frage[310] (nämlich ob eine Verpflichtung des Unternehmers zur Herausgabe bauwerkbezogener Unterlagen besteht), um (über die Ergebnisse des Abschlussberichts hinaus) – angesichts der immer komplexer und anspruchsvoller werdenden Bauvorhaben – dem Bauherrn genaue Kenntnisse über die der Konstruktion zugrundeliegende Planung und die Art und Weise, in der diese ausgeführt wurde, zu verschaffen, auf die der Bauherr (d.h. der Verbraucher) zum Nachweis der Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften gegenüber Behörden angewiesen ist.[311] Eine selbstständige Dokumentationspflicht (wie vom Deutschen Baugerichtstag gefordert) wird damit jedoch nicht begründet.[312]

 

Rz. 160

§ 650n BGB normiert allgemein und verbindlich eine Verpflichtung des Unternehmers zur Erstellung und Herausgabe von Unterlagen und verschafft dem Verbraucher insoweit einen klagbaren Anspruch.[313]

 

Rz. 161

Die Regelung erfasst alle nach dem 31.12.2017 abgeschlossenen Verbraucherbauverträge (vgl. Art. 229 § 39 EGBGB). § 650n BGB ist gemäß § 650o S. 1 BGB zum Nachteil des Verbrauchers nicht abdingbar – § 650o S. 2 BGB stellt ein Umgehungsverbot auf. Den Parteien steht es jedoch frei, zusätzliche Dokumentationspflichten des Unternehmers zu vereinbaren.[314]

 

Rz. 162

Letztlich statuieren § 650n Abs. 1 und 2 BGB lediglich die schon bestehende gesetzliche Verpflichtung des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher zu einer rechts- und sachmangelfreien Erfüllung des Bauwerks[315] (vgl. § 633 Abs. 1 BGB).[316]

 

Rz. 163

 

Problem:

Keine Regelung hat die Frage erfahren, ob der Verbraucher als Besteller die Abnahme von der Übergabe der Unterlagen abhängig machen darf – was Schwenker/Rodemann[317] bejahen, "weil die vertragsgemäße Herstellung des Werks ohne die Unterlagen u.U. nicht beurteilt werden kann (z.B. Standsicherheit)". Nach erfolgter Abnahme soll sich der Besteller wegen fehlender Unterlagen auch auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB berufen können.[318]

[310] RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 66: Hintergrund ist bspw. der Umstand, dass in der Praxis in Verbraucherverträgen, wenn die Planung nicht durch den Besteller (oder einen von diesem Beauftragten, z.B. einen Architekten) erfolgt – vor allem im sog "Schlüsselfertigbau" – keine vertragliche Regelung über die Herausgabe der relevanten Unterlagen an den Besteller getroffen wird. Infolgedessen bejahen die Gerichte (in entsprechenden Konstellationen) nur sehr zurückhaltend eine Herausgabepflicht des Bestellers (arg.: Planunterlagen, Berechnungen und Zeichnungen in Bezug auf das zu erstellende Bauwerk als Mittel zur Herstellung eines mangelfreien Werks, die vom Unternehmer nicht herauszugeben seien). "Oft wird das Fehlen von Unterlagen von der Rechtsprechung daher nicht als Verletzung einer Hauptpflicht angesehen, sodass der Verbraucher darauf grundsätzlich keine Abnahmeverweigerung stützen kann" (RegE, a.a.O.).
[311] RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 66.
[312] Glöckner, VuR 2016, 163, 167.
[313] Palandt/Sprau, § 650n BGB Rn 1.
[314] Palandt/Sprau, § 650n BGB Rn 1.
[315] Glöckner, VuR 2016, 163, 167: "Selbstverständlich gehören zur Eignung zur gewöhnlichen Verwendung auch öffentlich-rechtliche Zulassungs- oder Betriebserlaubnisse bzw. deren Nachweis".
[316] "Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen".
[317] Schwenker/Rodemann, § 650n BGB Rn 5.
[318] Schwenker/Rodemann, § 650n BGB Rn 5.

I. Pflicht zur Herausgabe von Planungsunterlagen vor Beginn der Ausführung

 

Rz. 164

(Zeitlich) rechtzeitig vor Beginn der Ausführung einer geschuldeten Leistung hat der Unternehmer nach § 650n Abs. 1 S. 1 BGB[319]  – wobei die Regelung eine Hauptpflicht[...

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